Merima Besic wächst in einem kleinen Ort im ehemaligen Jugoslawien auf. Ihre Kindheit im dörflichen Leben ist geprägt von der Freiheit, viel draußen zu sein und mit ihren Freunden zu spielen, von sorglosen Sommern an einem herrlichen See und Schlitterpartien auf den gefrorenen Wegen im Winter.
Doch an ihrem neunten Geburtstag ändert sich von einem Tag auf den anderen plötzlich ihr ganzes Leben. Als der Krieg, der bereits in anderen Teilen des Landes wütet, plötzlich ihr Dorf erreicht und Explosionen die Luft vibrieren lassen, ist nichts mehr, wie es vorher war. Merima und ihre Freunde müssen das sorglose Leben an der frischen Luft eintauschen gegen bange Tage und Wochen in Schutzkellern. Ein nicht enden wollender Schockzustand und Fassungslosigkeit über das Böse im Menschen halten Merima und ihre Familie fest umklammert. Anhand der Pfeifgeräusche zu erraten, wo die nächste Bombe einschlagen wird, wird zur einzigen Beschäftigung der Kinder in diesem dunklen Keller, der ihr neues Zuhause wird.
Ein Alltag beginnt, der der kleinen Merima alles abverlangt. Der Schulweg wird im Bewusstsein des stets auf der Lauer liegenden Feindes bewältigt, die ständige Lebensgefahr wird beinahe zur Routine, in dem Wissen, dass der Feind ohne zu zögern auf alles schießt, was sich bewegt. Merima lernt, auf sich und andere aufzupassen, weil es ihrer aller Leben retten kann, und immer zehn Schritte im Voraus zu denken.
Nachts schläft die Familie angezogen, weil niemand sagen kann, wann die nächste Flucht in den Schutzkeller nötig wird, wann der Luftalarm sie aus ihrem leichten Schlaf reißen wird. Hunger und die ständige Angst vor der nächsten Bombe bestimmen den Alltag der Dorfbewohner.
Schließlich wird die Situation unerträglich, und Merima flieht mit ihrer Familie aus dem Land. Ein traumatisches Erlebnis! Ein viel zu schneller Abschied von ihren Liebsten, die Angst, ob die Flucht gelingen wird oder sie unterwegs aufgehalten oder getötet werden … all dies gräbt sich erbarmungslos in die kleine Kinderseele ein und hinterlässt dort tiefe Spuren.
Erst viele Jahre später, als erwachsene Frau, wird Merima bewusst, dass sie nicht einfach weitermachen und ihr Leben leben kann, als wäre nichts geschehen. Sie begreift, dass sie nicht wie andere Menschen normal und sorglos leben kann, weil der Krieg ihre kindliche Psyche nachhaltig geschädigt hat. Noch immer befindet sie sich im Überlebensmodus, hat ihn nie hinter sich gelassen. Merima kämpft bei allem, was sie tut, und schläft lange noch in Socken, vergewissert sich täglich, dass alles dort ist, wo es sein muss, und wo alle wichtigen Dokumente sind. Der Flucht-Instinkt begleitet sie Tag für Tag.
Das spürt sie auch, wenn sie verreist, obwohl sie das Reisen liebt. Während ihrer Reise an ihren Lieblingsort denkt sie darüber nach, dass sie noch immer panische Angst vor Grenzbeamten hat, Panikattacken bei der Passkontrolle bekommt und erst entspannen kann, wenn sie ihren Lieblingsort erreicht hat.
Doch dieses Mal geschieht etwas Unvorhergesehenes in ihrer Wohlfühl-Oase:
Während Merima am Strand sitzt und einfach den Moment genießt, hört sie plötzlich ein Mädchen auf dem Meer um Hilfe rufen! Merima zögert nicht lange und stürzt sich in die Fluten. Tatsächlich gelingt es ihr, das völlig entkräftete Mädchen zu retten.
Während sie mit dem schüchternen Kind am Strand sitzt und auf seine Eltern wartet, kommen die beiden ins Gespräch über das Leben. Es geht um Angst und um den Mut, sie zu überwinden. Darum, die Angst nicht gewinnen zu lassen.
Merima schweift gedanklich immer wieder ab, erinnert sich an ihre Kindheit, an den Krieg und die Flucht. Und denkt darüber nach, was diese Erfahrungen, diese Traumata mit ihr gemacht haben. Warum sie es nicht schafft, glücklich zu sein, obwohl sie alles hat, was sie sich nur wünschen kann. Warum der Überlebensmodus sie nicht loslässt.
Sie erklärt dem Mädchen, wie wichtig es ist, auch aus schlimmen Erfahrungen etwas Positives zu ziehen und immer weiterzumachen. Dass es wichtig ist, sich seiner Vergangenheit zu stellen, und dass es in Ordnung ist, auch die schlimmen Gefühle zuzulassen, damit man sie verarbeiten und dann loslassen kann. Um den eigenen inneren Frieden zu finden, ohne den man nicht glücklich werden kann.
Merima erklärt diesem kleinen Mädchen all das, was sie selbst so lange nicht verstanden hat und über viele Jahre mühevoll lernen musste.
Als sie sich umarmen, verändert sich die Atmosphäre plötzlich. Das kleine Mädchen verabschiedet sich und verschwindet in der Dunkelheit. Es ist einfach weg. In diesem Moment wird Merima bewusst, was kaum zu glauben ist: dass sie selbst dieses kleine Mädchen war. Sie hat an diesem Abend ihr inneres Kind gerettet und Frieden mit ihm geschlossen und spürt, dass sie im selben Moment sich selbst gerettet und Frieden mit sich und ihrer Vergangenheit geschlossen hat, die sie zu dem Menschen gemacht hat, der sie ist.