Von Evian nach Brüssel
Menschenrechte und Flüchtlingsschutz 70 Jahre nach der Konferenz von Evian
Wolfgang Benz, Claudia Curio, Heiko Kauffmann
Im Juli 1938 trafen in Evian am Genfer See auf Initiative der US-Regierung Abgesandte von 32 Nationen sowie Vertreter von Hilfsorganisationen zusammen, um über das Problem der jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich zu beraten. Die Konferenz endete enttäuschend für Hunderttausende, die darauf gehofft hatten, dass die Regierungen sich auf humanitäre Lösungen einigen würden. Kein Land erklärte sich bereit, die Aufnahmebedingungen für die Flüchtlinge zu lockern.
Nach Kriegsende wurden mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zwei Grundlagen einer humanitären Flüchtlingspolitik geschaffen. Die Länder der Europäischen Union tragen in der heutigen Flüchtlingskrise die Verantwortung dafür, wie human oder inhuman mit Flüchtlingen umgegangen wird. Sie haben sich in Tampere 1999 eindeutig zum Flüchtlingsschutz bekannt. Tatsache ist jedoch, dass es bereits heute vielen Menschen, die auf der Flucht sind, nicht mehr gelingt, nach Europa zu kommen. Tatsache ist auch, dass viele in europäischen Ländern unter prekären Umständen als Illegale und Geduldete leben müssen.
Mit der Erinnerung an die Konferenz von Evian werden in diesem Band Fragen an die gegenwärtige Praxis und die Zukunft des Schutzraumes Europa gestellt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die zu allen Zeiten die verletzlichsten und somit schutzbedürftigsten Flüchtlinge