Das Märchen von der Küchenpsychologie
Warum Laien der Wissenschaft nicht das Feld räumen müssen
Harald Wiesendanger
Laien überlegen wähnt sich der Psycho-Experte, weil er an ein Märchen glaubt: In unserem Bemühen, einander
zu verstehen, seien wir in Wahrheit nichts weiter als miserable Wissenschaftler. Auf unsystematisch gesammelte, subjektiv gefärbte Daten, so behauptet er, stützen wir widersprüchliche, mit verschwommenen Begriffen gebildete Theorien, aus denen wir unbedacht fragwürdige Schlüsse ziehen, wenn wir menschliches Verhalten zu erklären und vorherzusagen versuchen. Diese minderwertige „Küchen“- und „Stammtischpsychologie“ helfe uns zwar, im Alltag zurechtzufinden, mit Anderen einigermaßen klarzukommen, uns emotional zu entlasten und gewisse Bedürfnisse zu befriedigen. Doch stecke sie voller Vorurteile. Seit Jahrtausenden stagniere sie. Wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt werde früher oder später über sie hinweggehen.
Da täuscht sich der Psychoprofi aber.