Fastnachtliche Bräuche in Brandenburg und Berlin – von den Anfängen bis zur Gegenwart
Hans Schubert
Zum Karneval-Verband Berlin-Brandenburg gehören heute etwa 150 Vereine. Dennoch gibt es hier keine „Hochburg“ fastnachtlich-karnevalistischen Treibens wie etwa in den Gebieten im Westen, Südwesten oder Süden Deutschlands. Warum ist das so?
Brandenburg (zu dem Berlin immer gehört hat) bildete sich 200 Jahre später als die genannten Reichsteile. Das Gebiet wurde erobert, christianisiert und kolonisiert. Die „Kolonisten“ waren Deutsche aus anderen Reichsteilen, später auch Ausländer. Die damals ansässige Bevölkerung (Sorben) konnte sich nur in der Lausitz behaupten. Die sich mit der Durchsetzung der christlichen Lehnsordnung ausprägenden Fastnachtsbräuche waren so von Anfang an vielgestaltig und sind es bis heute geblieben. Auf den Dörfern gab es derbe Volksbräuche mit Mummenschanz, Umzügen und Fastelabenden. In den Städten wurden mehr repräsentative Aufzüge und Festivitäten durchgeführt, später kam in den Residenzen der höfische Carneval mit seinen Redouten auf. Im 19. Jahrhundert breitete sich der bürgerliche Vereins-Karneval aus, befruchtet durch die an Preußen gefallene Rheinprovinz.
Ständige territoriale und demografische Veränderungen und viele Kriege ließen in Brandenburg kaum stabile Bauern- oder Bürger-„Dynastien“ entstehen, die zuverlässiger Bewahrer von Brauchtum hätten sein können. Es ist schon fast ein Wunder, dass trotz aller widrigen Umstände wie Repressionen, Ignoranz, politischer Teilung und Kaltem Krieg nach 1945 auch hierzulande ein volkstümlicher Karneval flächendeckend entstehen konnte. Dies soll als historischer Überblick in diesem Buch skizziert werden.