Diskurs-Choreographien
Zur Produktivität des ,Nicht‘ für die zeitgenössische Tanzwissenschaft
Constanze Schellow
Im Fächerspektrum deutscher Universitäten ist die Tanzwissenschaft eine vergleichsweise noch junge Wissenschaft. Ihre Denk-Bewegungen lassen sich paradigmatisch als Prozesse der Selbst-Disziplinierung als Disziplin (Foucault) und als Gesten des Erschreibens der eigenständigen Anatomie eines Forschungsfeldes verstehen.
Die vorliegende Untersuchung diskutiert eine spezifische Debatte als Modellfall tanzwissenschaftlicher Diskurs-Choreographien: In der Auseinandersetzung mit anfänglich als ‚Nicht-Tanz‘ wahrgenommenen Tendenzen im europäischen Tanz seit den späten 1990er Jahren hat sich in der Forschung ein Repertoire von Terminologien und Argumentationsfiguren des ‚Nicht‘ herausgebildet. Dabei werden erstmals aktuelle künstlerische Entwicklungen aus der Perspektive einer universitär institutionalisierten Tanzwissenschaft aufgearbeitet. Es findet eine offensive Abgrenzung der eigenen Positionen gegenüber Theorien aus der Theaterwissenschaft und den Performance Studies statt.
Diskurs-Choreographien fragt nach den philosophischen und methodologischen Aspekten der Un-/Möglichkeit und zugleich Notwendigkeit, sich mit diskursanalytischen Mitteln ein Bewusstsein für die Regularitäten des eigenen (tanzwissenschaftlichen) Sprechens zu erarbeiten – nicht nur, jedoch insbesondere angesichts einer selbst(-)reflexiv agierenden Tanzpraxis.