Die Verbalperiphrase im Altgriechischen
Synchronie und Diachronie
Laura Sturm
Verbalperiphrasen sind in den Sprachen der Welt weit verbreitete Konstruktionen: Sie bestehen aus mindestens zwei Verbalformen, die zusammen eine funktionale Einheit bilden. Die Untersuchung dieser Konstruktionen im Altgriechischen bringt zugleich mehrere neue Erkenntnisse im Bereich der Grammatikalisierungsforschung hervor: Als eine in literarischen Dokumenten seit dem 8. Jh. v. Chr. umfangreich schriftlich überlieferte Sprache ist das Altgriechische wie keine andere alte indogermanische Sprache geeignet, Verbalperiphrasen in ihrer Entstehung und weiteren Entwicklung zu erforschen. In Ermangelung einer schriftlich fixierten normativen Grammatik treten zudem deutlich mehr Elemente der gesprochenen Sprache in den Texten auf, als das beispielsweise in modernen Sprachen wie dem Englischen oder dem Deutschen der Fall ist. Neben stark grammatikalisierten Konstruktionen begegnen in der Folge auch Periphrasen im embryonalen Zustand, die sich nur teilweise im Laufe der griechischen Sprachgeschichte durchsetzen. Um diese Phänomene zu erfassen und in ihrem Entwicklungsstand einzuordnen, wird in dem vorliegenden Buch der eigentlichen Untersuchung der Verbalperiphrasen im Altgriechischen eine umfangreiche Diskussion jüngster Konzepte der Grammatikalisierungstheorie vorangestellt. Dabei werden die zumeist in den modernen Sprachen gewonnenen Erkenntnisse am altgriechischen Material geprüft und erweitert. Auf dieser Grundlage erfolgt eine ausführliche philologische und linguistische Analyse der altgriechischen Belege: Untersucht werden Konstruktionen mit den Hilfsverben eimí ‚sein‘, gígnomai ‚werden‘, ékhō ‚haben‘ und mit den Positionsverben héstēka ‚stehen‘, keĩmai ‚liegen‘ und káthēmai ‚sitzen‘ zwischen 800 und 400 v. Chr. Das Buch erfasst so nicht nur detailliert die altgriechischen Verbalperiphrasen, sondern bietet auch zu zahlreichen einzelnen Stellen in der griechischen Literatur philologische Diskussionen. „Die Verbalperiphrase im Altgriechischen – Synchronie und Diachronie“ ist deshalb für Linguisten, Indogermanisten und klassische Philologen gleichermaßen von Interesse.