Bautraditionen auf dem Prüfstand.
Die Entwicklung der Bauphysik im Spannungsfeld zwischen Tradition und Forschung.
Helmut Künzel
Heute gültige Regeln und Vorschriften in der Bauphysik gehen vielfach auf handwerkliche Traditionen und praktische Erfahrungen zurück. Erst ab etwa Mitte des 20. Jahrhunderts wurden wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, die zu Bestätigungen oder auch zu Korrekturen der Festlegungen geführt haben. Auch Entwicklungen in den baulichen Ausführungen und technischen Anforderungen können Änderungen überkommener Regeln erfordern. So war etwa die Belüftung von Hohlwänden ursprünglich eine vorübergehende Maßnahme zur Beschleunigung der Bauaustrocknung, wurde aber später als ein unverzichtbares Attribut zweischaligen Mauerwerks betrachtet. Der Außenputz diente zunächst nur als äußerer Abschluss des Mauerwerks, heute werden ihm weitere Funktionen wie Regenschutz, Dämmen und Sanieren übertragen. Manches Wissen geriet im Laufe der Zeit auch in Vergessenheit, etwa der Begriff „Steinfraß“, der richtigerweise auf organische Verunreinigungen des Erdreichs zurückgeführt worden ist. Dagegen findet man z. B. den Begriff „aufsteigende Feuchte“ bei Grundmauern in der Literatur vor dem Zweiten Weltkrieg überhaupt nicht. Das Buch gibt einen Überblick über den Wandel der Handwerkstechnik und der Ansprüche an gesundes Wohnen und, quasi als Konsequenz daraus, die Entwicklung der Bauphysik. Es liefert nicht nur Hintergrundwissen für Fachleute vom Bau, sondern kann für jeden von Interesse sein, der sich über die Entwicklung der Bau- und Wohnkultur in unserem Land informieren will.