»Das Wort sie sollen lassen stahn …«
Die »Entjudung« der Eisenacher Georgenkirche
Johannes Sparsbrod
Die Eisenacher Georgenkirche gilt als eine der ältesten lutherischen Kirchen. Hier predigte Martin Luther, hier wurde Johann Sebastian Bach getauft. Und hier geschah 1940 etwas heute Unfassbares: Der barocke Bilderzyklus, der früher die Kirche schmückte und nun wieder an zwei Emporen sichtbar werden sollte, war den damaligen Bauherren zu jüdisch. Alle jüdischen Spuren auf den Gemälden wurden getilgt, zwölf Bibelworte aus der Geschichte des Volkes Israels wurden durch Verse des Neuen Testaments ersetzt. Die Georgenkirche sollte „entjudet“ werden. Die Gemeinde- und Bauleitung folgte damit dem Geist des Eisenacher „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“(1939–1940). Das Institut wollte nicht nur das Neue Testament und das Evangelische Gesangbuch „entjuden“, sondern auch alle jüdischen Bezüge in den Kirchen beseitigen.
2013 trat dieses dunkle Kapitel der Kirchengeschichte durch einen Archivfund ans Licht. Das Buch will anhand des Beispiels der Georgenkirche in Eisenach einen Beitrag zur Aufarbeitung leisten. Es vereint dazu u.a. zwölf Predigten zu den ehemals getilgten Bibelworten.