Vom Zarenreich in die Habsburger-Monarchie – Salon-Kultur und österreichische Turgenev-Rezeption im 19. Jahrhundert
Eine literarische Migrationsgeschichte. Teil I: Historische und biographische Netzwerke
Martina Helberger
Wie kommt es dazu, dass die Erzählungen und Romane Ivan Turgenevs (1818–1883) im Zentrum des zeitgenössischen Diskurses stehen und auf Grund ihrer realistischen Darstellungen der Situation im Zarenreich zur Zeit der Reformen (1856–1861) bei vielen westeuropäischen Autoren großes Interesse auslösen? Zu diesen zählen die beiden österreichischen Schriftsteller Ferdinand von Saar (1833–1906) und Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916), in deren Werken und autobiographischen Schriften der Einfluss der literarischen Zeitbilder des russischen Schriftstellers deutlich erkennbar wird. Die Rezeption der zu einer Zeit des gesellschaftlichen Strukturwandels im Zarenreich entstandenen Werke gibt Anlass, die nachfeudalen Zustände in der Habsburger-Monarchie im Stil Turgenevs zu beleuchten.
Die vorliegende Studie erforscht unter Berücksichtigung literarischer, historischer und biographischer Zusammenhänge die Turgenev-Rezeption der beiden Autoren als europäisches Phänomen, das seine Entstehung wechselseitigen kulturellen Einflüssen verdankt. Dieses tritt im Zeitraum zwischen dem Krimkrieg (1853–1856) und dem Abschluss des Dreikaiserbündnisses (1873) auf und wirkt sich auf die österreichische Turgenev-Rezeption der nachfolgenden Jahrzehnte aus. In dieser Epoche verkehren Mitglieder des österreichischen, russischen und französischen Hochadels und der Finanzaristokratie in europäischen Salons, in denen die Werke Turgenevs rezipiert werden. Um herauszufinden, wie die Voraussetzungen für die Turgenev-Rezeption bei Ebner-Eschenbach und Saar geschaffen worden sind, wird der Frage nachgegangen, durch das Engagement welcher Transmetteure und durch welche Übersetzungen Rezeptionsbrücken zwischen der österreichischen, deutschen und französischen Turgenev-Rezeption entstehen. Außerdem wird erläutert, welche literarischen Diskursthemen von der damaligen Presse aufgegriffen werden und in der Folge nachhaltig die Werke der beiden österreichischen Autoren beeinflussen.
Unter Berücksichtigung des zeitgenössischen Diskurses wird somit dargestellt, wie sich der hier abgebildete literarische Migrationsprozess auf die schriftstellerische Produktion Ebner-Eschenbachs und Saars ausgewirkt hat. Darüber hinaus lädt das vorliegende Buch dazu ein, sich auf eine Zeitreise in die kulturgeschichtliche Landschaft des 19. Jahrhunderts zu begeben und eröffnet den Blick auf Werke der drei Autoren, die vielleicht so mancher Leserin oder so manchem Leser noch unbekannt sind. (Abstract, Text von Martina Helberger)
Teil I: Historische und biographische Netzwerke. ISBN 978-3-950-2539783850 ist bestellbar bei Helberger-Verlag e.U. FN382673f Postraße 2b. 6300 Wörgl in Tirol/Austria. E-Mail: helberger.verlag@gmail.com
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