Die Bedeutung intuitiver Gerechtigkeitsvorstellungen für Schülerinnen und Schüler
Eine mehrebenenanalytische Längsschnittuntersuchung zur Wechselwirkung von implizitem Gerechtigkeitsmotiv und schulischer Umwelt
Felix Peter
Gerecht ist das, was als gerecht erlebt wird. Dieser Grundsatz der Gerechtigkeitspsychologie ist Kern der Studie zur Bedeutung intuitiver Gerechtigkeitsvorstellungen von Schülerinnen und Schülern für die Bewältigung der schulischen Umwelt. In der Untersuchung zeigten jene Schülerinnen und Schüler bessere schulische Leistungen und weniger Schulunlust, deren unbewusste Vorstellung, in einer Welt zu leben, in der ihnen persönlich Gerechtigkeit widerfährt, ausgeprägter war. Zudem erlebten sie das Verhalten ihrer Lehrkräfte und Klassenkameraden ihnen gegenüber als gerechter, das Klassenklima positiver und sie fühlten sich weniger aus ihrer schulischen Umwelt ausgeschlossen. Erstmals empirisch untermauern ließen sich darüber hinaus zentrale Entwicklungsannahmen für den Kontext Schule: So zeigte sich ein als gerecht erlebter Klassenkontext mit einem positiven Klima als förderlich zur Entwicklung ausgeprägter Gerechtigkeitsvorstellungen. Vor allem das individuelle Erleben der Schülerinnen und Schüler erwies sich dabei als ausschlaggebend. Es konnten aber auch direkte Effekte des Kontextes gezeigt werden. Insbesondere weisen die Ergebnisse darauf hin, dass ein gerecht gestaltetes Umfeld allen Schülerinnen und Schülern zugutekommt, während in einem eher durch Ungerechtigkeit geprägten Kontext nur jene im Vorteil sind, die über entsprechende persönliche Bewältigungsressourcen verfügen. Die Ergebnisse der Studie erhalten insofern ein besonderes Gewicht, als sie in diesem Forschungsfeld erstmals auf einer Kombination längsschnittlicher und mehrebenenanalytischer Auswertungsverfahren beruhen und sowohl Entwicklungsfaktoren als auch adaptive Konsequenzen intuitiver Gerechtigkeitsvorstellungen gemeinsam in den Blick nehmen. Nicht zuletzt leistet die Studie einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Klimatheorie in der pädagogischen Psychologie, stellt sie in den Kontext der Gerechtigkeitspsychologie und liefert einen Vorschlag zur Differenzierung unterschiedlicher Erlebensperspektiven. Da sich vor allem das Handeln der Lehrkräfte als entscheidend für das Erleben der schulischen Umwelt durch Schülerinnen und Schüler erwies, schließt die Studie mit praktischen Vorschlägen für den Lehrerberuf und die Lehrerbildung.