„Man ist immer allein…“
Johanna Monschein (1907-1997), Diplomatin und Forscherin
Edith Stumpf-Fischer
Johanna Monschein (1907-1997) erlebte alle einschneidenden geschichtlichen Ereignisse im Österreich des 20. Jahrhunderts von der Habsburger-Monarchie bis zum Beitritt zur Europäischen Union. Sie absolvierte das Studium der Rechte, wurde unter dem Naziregime „gemaßregelt“ (war sie doch überzeugte Monarchistin und Antifaschistin), trat nach Kriegsende in den diplomatischen Dienst und war die erste Frau, die zum österreichischen Botschafter ernannt wurde. Nach ihrer bewegten Berufslaufbahn widmete sie sich immer mehr ihren von Jugend an gepflegten kulturhistorischen und bibliophilen Neigungen. Sie hatte im Lauf ihres Lebens eine bedeutende Sammlung alter Kinderbücher (vor allem des 19. Jahrhunderts) zusammengetragen, erwarb hohe fachliche Kenntnisse auf diesem Gebiet und wurde so schließlich zur Wegbereiterin der historischen Kinderbuchforschung in Österreich. In ihren Briefen schildert sie Begegnungen mit Persönlichkeiten wie Bruno Kreisky oder Herbert von Karajan, Krönungsfeierlichkeiten in Norwegen, den Staatsbesuch des österreichischen Bundespräsidenten Dr. Adolf Schärf oder Empfänge am belgischen Königshof; als scharfe und geistreiche Beobachterin verfaßte sie Analysen ihrer Gastländer, äußerte sich über Faschismus und Neonazismus, über Kunst und Literatur oder über das Phänomen des Kitsches, natürlich über die geliebten Kinderbücher und ihre Entdeckerfreuden in Antiquariaten und in der Österreichischen Nationalbibliothek, aber auch über Mode und Kochkunst, um nur einige Beispiele aus dem Themenreichtum ihrer Briefe und Tagebücher zu nennen. Aus ihren Aufzeichnungen und den Erzählungen der Menschen, die sie kannten, entsteht das Bild einer starken, reichen und faszinierenden, aber auch tiefinnerlich einsamen Persönlichkeit. Das Buch enthält zahlreiche Photos sowie eine CD, auf der Johanna Monschein selbst über ihr Leben erzählt.