Sprache als Bild
Handkes Poetologie und das 18. Jahrhundert
Roland Borgards
Peter Handkes Texte umkreisen seit der Lehre der Sainte-Victoire beharrlich ein Grundproblem: die radikale Trennung von Ich und Welt. Am Anfang dieser Trennung steht für Handke die Sprache, die den unmittelbaren Zugang zur Welt verstellt. Zugleich jedoch vermag die Sprache in geglückten Augenblicken diese Trennung zu überwinden, denn in ihr wird ein „Weltwerden der Welt“ (Handke) möglich. Diese Ambivalenz der Sprache beginnt ihre Karriere erst im 18. Jahrhundert, aber schon um 1780, nach Herders frühen Schriften, beherrscht sie ganz selbstverständlich die erkenntnistheoretischen, sprachphilosophischen und poetologischen Debatten. Die Verschiebung innerhalb der Poetik findet ihr Korrelat in der Anthropologie des 18. Jahrhunderts, die explizite Menschenwissenschaft als implizite Medienwissenschaft betreibt. So kann die zunächst kühn erscheinende Doppelperspektive – Handke auf der einen, das 18. Jahrhundert auf der anderen Seite – zu einer gezielten wechselseitigen Erhellung dienen.