Untersuchungen zur Optimierung des Stanznietens mit Halbhohlniet als universelles Fügeverfahren zum Verbinden von Blechen und Profilen
Ortwin Hahn, Fritz Liebrecht, Axel Schulte, Wolfgang Voelkner
Im Rahmen des Projektes wurde der Einfluß von Winkelversatz bis zu 3° und Lateralversatz bis zu 2,5 mm auf die Fügeelementausbildung und die Festigkeit von Stanznietverbindungen untersucht. Die Versuche wurden an den Blechwerkstoffen FeP04 in s = 1,5 mm, AlMg0,4Si1,2 in s =1,1 mm und AlMg5Mn in s = 1,0 mm durchgeführt. Die Verbindungen wurden unter quasistatischer und unter schwingender Belastung geprüft. Mit zunehmendem Versatz verschlechtern sich die geometrisch-optischen Eigenschaften der Verbindungen gravierend. Die Verbindungen der Aluminiumwerkstoffe reagierten insbesondere wegen der geringeren Blechdicke sensibler auf Winkelversatz bis zu 3° als die der dickeren Stahlbleche.
Es bilden sich Hohlräume und die matrizenseitige Blechlage wird sehr dünn. Ferner ist eine deutlich asymmetrische Fügeelementausbildung zu erkennen. Die Stanzniete durchstoßen in den Verbindungen der Stahlbleche bereits bei einem Lateralversatz von 1,0 mm die matrizenseitige Blechlage. Dies ist hinsichtlich der geometrisch-optischen Eigenschaften und der Korrosionsbeständigkeit der Verbindungen als Versagen zu werten. Bei den Verbindungen des aushärtbaren Aluminiumwerkstoffes tritt dieses Versagen bei einem Versatz von 2,0 mm, bei denen der naturharten Aluminiumlegierung ab 1,5 mm auf.
Trotz der gravierenden Auswirkungen auf die Fügeelementausbildung, die in Schliffbildern offenkundig wurde, waren alle Verbindungen mechanisch belastbar. So wurde neben dem Einfluß der Beträge von Winkel- und Lateralversatz auf die quasistatische Verbindungsfestigkeit auch der Einfluß ihrer Richtung untersucht. Auf diese Weise konnten für Scher- und Schälzugbelastungen Versatzrichtungen ermittelt werden, die sich besonders ungünstig auf die Festigkeit der Verbindungen auswirkten, andere hatten dagegen eine Festigkeitssteigerung zur Folge. So war bei den Verbindungen der FeP04-Bleche bei einem Winkelversatzbetrag von 3° eine Festigkeitseinbuße um 6% der Scherzugfestigkeit der versatzfrei gefügten Referenzverbindung zu verzeichnen. Der gleiche Versatzbetrag in entgegengesetzter Richtung bewirkte jedoch eine Festigkeitssteigerung um 2% der Referenzfestigkeit Unter Schälzugbelastung wurden für den Stahlwerkstoff Festigkeitssteigerungen um bis zu 12% der Festigkeit versatzfreier Verbindungen ermittelt, während sich selbst ungünstige Versatzrichtungen nur marginal auswirkten. Die Festigkeit der Verbindungen der Aluminiumbleche wurde stärker negativ beeinflußt. Dieses Verhalten ist sowohl in den Werkstoffeigenschaften als auch in den geringeren Blechdicken beg1ündet. Lateralversatz beeinflußt die quasistatische Festigkeit der Stanznietverbindungen der AlMg0,4Si1,2-Bleche nur sehr geringfügig. Die Festigkeitseinbußen bei einem Versatzbetrag von 2,0 mm betragen maximal 7% der Maximalkraft der versatzfreien Verbindung. Die Verbindungen der Stahlbleche ertragen bei Lateralversatz von 2,5 mm nur noch 91% und die der AlMg5MnBleche bei einem Lateralversatz von 1,5 mm nur noch 82% der Belastung, der die versatzfreien Verbindungen standhalten.
Der Einfluß des Versatzes auf die Verbindungsfestigkeit unter schwingender Belastung wurde im Einstufendauerschwingversuch an H-Proben geprüft, die versatzfrei, sowie mit einem Winkelversatzbetrag von 2° und einem Lateralversatzbetrag von 0,5 mm gefügt wurden. Die Wählerlinie der lateralversatzbehafteten Stanznietverbindungen liegt bei allen Werkstoffen nur sehr wenig unterhalb der Wählerlinie der versatzfreien Verbindungen. Die Meßwerte der lateralversatzbehafteten Verbindungen bewegen sich im Bereich der Streuung der Werte versatzfreier Verbindungen. Ein Winkelversatz von 2° führt zu einer Verminderung der Zeitfestigkeit um bis zu 35% der entsprechenden Festigkeit der versatzfreien Verbindungen.
Die unter quasistatischer Belastung bei bestimmten Versatzrichtungen auftretenden Festigkeitssteigerungen werden unter schwingender Belastung nicht beobachtet. Hier erreichen die mit Versatz in der günstigeren Richtung gefügten Verbindungen nur annähernd die Zeitfestigkeit versatzfreier Verbindungen. Sowohl Winkel- als auch Lateralversatz führen insbesondere bei den Verbindungen der Aluminiumwerkstoffe zu einer Erhöhung der Streuung der Lebensdauer.
Auch wenn die Festigkeit der Stanznietverbindungen unter quasistatischer und schwingender Belastung durch Winkel- und Lateralversatz nur wenig negativ beeinflußt wird, muß jeglicher Versatz im Interesse kalkulierbarer Verbindungen vermieden werden. Dies gilt insbesondere, weil der Versatz gravierende Qualitätseinbußen hinsichtlich der geometrisch-optischen und damit auch der Korrosionseigenschaften zur Folge hat.
Durch das optimierte Fügeverfahren kann insbesondere die mittelständische Industrie eine Steigerung der Effizienz, Qualität und Produktivität bei der Fertigung von Bauteilen und Konstruktionen aus Stahl- und Aluminiumwerkstoffen erreichen. Die Systemanbieter können ein verbessertes Nietverfahren, angepaßt an konkrete Anwendervorgaben, zur Verfügung stellen. Das Verfahren wird neuen Anwendungsbereichen zugeführt, was ebenfalls die Marktposition der Systemhersteller verbessert.