Arisierung und Wiedergutmachung
Ein Beitrag zur Geschichte der jüdischen Tuchfabrikanten Aachens
Andreas Lorenz
Angesichts des augenfälligen Anteils jüdischer Tuchgroßhändler und Tuchfabrikanten ist das Fehlen jeglicher Erwähnung von Juden im Rahmen der vielfältigen Erforschung dieses Aachener Leitsektors überraschend. Es könnte als Indiz einer gelungenen Integration gesehen werden, zeigt aber, dass hier ein wesentlicher Aspekt der Entwicklung des textilen Sektors übersehen wurde. Die Arisierungen in der Aachener Tuchindustrie geraten erst spät in den Fokus einer wissenschaftlichen Untersuchung, was auch mit einer gewissen Scheu, sich diesem Thema zu nähern, zusammenhängen mag. „Allergische Reaktionen“ bei der Erkundung ehemals jüdischer Tuchfabriken, wenn in diesem Zusammenhang von Arisierung gesprochen wird, signalisieren deutlich Betroffenheit und Ablehnung des Begriffs. Man bestand darauf, dass es sich um ganz reguläre Verkäufe gehandelt habe und nicht von „Arisierung“ gesprochen werden dürfe.
Für ein mehr als oberflächliches Verständnis der Aachener Wirtschaftsgeschichte ist es wichtig, die Bedingungen des Wandels dieser von internationalen Beziehungen und Moden abhängigen Branche zu verstehen. Die bemerkenswerten Erfolge jüdischer Tuchgrossisten und Tuchfabriken und ihre fehlende Berücksichtigung in der Geschichte der Aachener Tuchindustrie sind ein blinder Fleck, der im vorliegenden Band mit Familien- und damit verbundenen Unternehmensgeschichten näher beleuchtet wird.