Kants Ontologie der raumzeitlichen Wirklichkeit
Versuch einer anti-realistischen Interpretation der "Kritik der reinen Vernunft"
Kiyoshi Chiba
Diese Abhandlung verteidigt gegen die heute vorherrschenden realistischen Interpretationen des kantischen transzendentalen Idealismus eine anti-realistische Zwei-Welten-Interpretation. Durch konkrete Textanalysen wird gezeigt, dass die realistische Interpretation an der Antinomienlehre und dem vierten Paralogismus (A) scheitern muss, während die anti-realistische Interpretation erlaubt, die Kritik der reinen Vernunft im Ganzen zu einer kohärenten Sinneinheit zu strukturieren. Anschließend wird der konkrete Gehalt von Kants anti-realistischer Ontologie der raumzeitlichen Wirklichkeit erhellt. Dafür entwickelt der Verfasser eine intuitionistische Wahrheitskonzeption (ein empirisches Gegenstück der Wahrheitskonzeption des mathematischen Intuitionismus), kombiniert mit der Superassertibilität à la Crispin Wright. Die von Michael Dummett bereit gestellte Begrifflichkeit „Realismus/Anti-Realismus‟ erweist sich als fruchtbar nicht nur für die Analyse der kantischen Position selbst, sondern auch für ein klares Verständnis der mannigfaltigen Interpretationsansätze des transzendentalen Idealismus.