Orte
Monika Hartmann, Claude Vaucher
Monika Hartmann und Claude Vaucher haben fast dreißig Jahre Orte verschenkt. Orte, die sie gesucht und gefunden, denen sie begegnet und die ihnen entgegengekommen sind: in der Schweiz und in benachbarten Ländern. Genius loci, so scheint es, hat bei ihnen auch etwas mit Heimat zu tun, einer mehr oder weniger nahen, aber vor allem erfahrbaren. Nicht zufällig kreisen die Notizen zu den Merkwürdigkeiten der Orte oft um die Zeit. Sie handeln vom Dehnen der Zeit, vom Innehalten, von visueller Ruhe, vom Hinsetzen, Sammeln und sich Versenken, vom Flanieren und davon, keine Eile zu haben. In diesem Sinne kann man vielleicht auch den Zeitpunkt ihrer Geschenke verstehen. Nicht zu Weihnachten oder Ostern gehen die Orte auf den Weg, dann, wenn die Tage in Überflutung ohnehin versinken, sondern zur Sommersonnwende, wenn die
Sonne ihre größte Mittagshöhe erreicht. Die Orte sind von aller erdenklicher Vielfalt, überraschend, alltäglich, bisweilen skurril und gewissermaßen Un-Orte, die von Brachflächen, Provisorischem, Ungeplantem, vom Ende der Stadtplanung auch erzählen. Der Mittelpunkt der Schweiz findet sich genauso wie die immer wieder aufgezeichneten Bewegungs-Orte: alte und heutige Bahnhöfe, Tramhäuschen, Brücken, Lifte, Seilbahnen. Auffallend ist zudem die Wiederkehr von Lese- und Seh-
Orten: Bibliotheken, Museen, eine Gewerbehalle zum Bücher Verkaufen. Augenschmaus, das schöne Wort, lenkt schließlich auch zu Restaurants verschiedenster Couleur bis hin zum Nachmittagstee, der als Genuss durchaus nicht ortlos ist.
Den zahlreich erwähnten kleinen Architekturen in Nahsicht, eine Rampe oder ein Geländer etwa, entsprechen die vielfach beachteten Fernsichten – ein Panoramablick, ein Bergblick, ein Pass samt Hotel. Der genius loci der ausgesuchten Orte ist in den Augen von Monika Hartmann und Claude Vaucher nicht zuletzt ein geheimnisvoller. Er bleibt unaussprechlich, manchmal verwunschen, auch tief mystisch. Und er erweist sich als in der Tradition wurzelnd: sorgfältig ausgesucht ist das Material, ausgewogen ist die Wahl der Mittel. Auch Exzentrisches, Ungewöhnliches und Überraschendes hat darin Platz.