Improvisation als soziale Kunst
Überlegungen zum künstlerischen und didaktischen Umgang mit improvisatorischer Kreativität
Reinhard Gagel
Unsere Musikkultur verlangt, dass wir Musik vorplanen, üben und ihre Ausführung perfekt beherrschen. Improvisieren, die Kunst, mit ungeplanten und unvorhersehbaren musikalischen Situationen umzugehen, stellt dies in Frage. Wer sich darauf einlässt, erfährt einen Kosmos von schöpferischen Momenten, in dem Musik als etwas ganz Eigenes erlebbar wird. Jenseits rein musikstilbezogener Improvisationsanleitungen und „Methods and Tools“ beschreibt dieses Buch die allgemeinen Voraussetzungen, die intensivem und qualitätvollem Improvisieren zugrunde liegen. Dabei steht im Fokus das Improvisieren als ein Spiel mit dem Unvorhergesehenen und Unerhörten.
Improvisieren lernen kann nur gelingen, wenn auch die Probe oder der Unterricht dem Improvisieren angemessen gestaltet wird. Deshalb stellt dieses Buch Überlegungen zur Unterrichtsgestaltung, Lehrkompetenz und Ensembledynamik vor. Aber nicht nur in der Schule und Musikschule, sondern auch in nichtschulischen Bereichen kann Improvisation die Vision von Musikmachen als für alle zugängliche „soziale Kunst“ einlösen, die unsere erstarrte Musikkultur ergänzt und professionelle und nichtprofessionelle MusikerInnen erfüllt und bereichert.
Reinhard Gagel ist Improvisor/Researcher, Musikpädagoge und aktiver Improvisationsmusiker. Er leitet den Fachbereich Improvisation und Komposition an der Rheinischen Musikschule der Stadt Köln. Als Lehrbeauftragter für Gruppenimprovisation und Didaktik der Improvisation lehrt er an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien.