Rechtsprechung als Dialog
Zur Entwicklung des Rechts auf ein faires Strafverfahren in der polnischen Verfassungsrechtsprechung mit Blick auf die Entscheidungspraxis des EGMR und ausländischer Verfassungsgerichte
Tomasz Milej
Die Arbeit umfasst zwei Untersuchungsgegenstände. Der normative Gehalt des völkerrechtlich verbürgten Rechts auf ein faires Strafverfahren ist der erste von ihnen. Dabei wird der Schwerpunkt auf die Garantie des Art. 6 EMRK und die dazugehörige Rechtsprechung des EGMR gelegt. Den zweiten Untersuchungsgegenstand bildet die Methode, derer sich die nationalen Verfassungsgerichte bedienten, um das Recht auf ein faires Strafverfahren zum Bestandteil der Grundrechtskataloge der einzelnen Verfassungsstaaten zu machen, soweit in diesen Katalogen das Recht auf ein faires Strafverfahren ausdrücklich entweder gar nicht oder nicht durch die Verwendung des Begriffes „fair“ vorgesehen war. Hierbei wird auch die Übertragbarkeit dieser Methode auf andere Grund- und Menschenrechte bzw. Verfassungsprinzipien sowie deren dogmatische Fundierung erforscht. Der Untersuchungsgang verbindet die zwei Untersuchungsgegenstände, wobei der Letztere den Schwerpunkt der Arbeit bildet. Dem Untersuchungsgang liegt die Idee zugrunde, beim Konkreten anzusetzen und daraus auf das Allgemeine zu schließen. Mit dem „Konkreten“ ist hier die Rezeption des Rechts auf ein faires Strafverfahren durch die polnische Verfassungsrechtsprechung, mit dem „Allgemeinen“ die Verwendung der völkerrechtlichen Menschenrechtsverbürgungen und Erkenntnisse der Rechtsvergleichung bei der Auslegung der Verfassung durch Verfassungsgerichte gemeint. So wird ein „dialogisches“ Modell der Verfassungsauslegung entwickelt, welches unter anderem auf dem von P. Häberle entwickelten Konzept des „gemeineuropäischen Verfassungsrechts“ aufbaut. Es wird zugleich an dem konkreten Beispiel des Rechts auf ein faires Verfahren gezeigt, wie dieses Modell operiert.