Nachhaltige europäische Konsolidierungspolitik – Chancen und Herausforderungen.
Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. Heft 4, 82. Jahrgang (2013).
Wie sollte eine nachhaltige europäische Konsolidierungspolitik aussehen? Das vorliegende Vierteljahrsheft diskutiert Eckpfeiler einer solchen Politik, freilich ohne Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu können. Vor dem Hintergrund einer starken Finanzialisierung von Politik und Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten beschränkt sich der interdisziplinär ausgerichtete Band auf zwei Schwerpunkte.
Zum einen ist dies die kritische Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellen und Politikvorschlägen für mehr Nachhaltigkeit im Banken- und Finanzsektor. Finanzmärkte müssen als Bestandteil der Daseinsvorsorge aufgefasst werden, deren Stabilitätsanker der letzten Instanz die Öffentliche Hand ist. Finanzmarktstabilität ist ein öffentliches Gut. Die Beiträge ranken sich hier um die Frage, wie dieser konstituierenden Eigenschaft der Finanzmärkte auf nationaler und internationaler Ebene nachhaltig Rechnung getragen werden kann. Einigkeit besteht darin, dass die Gestaltung der Finanzmärkte eine Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste auszuschließen hat. Strittig ist allerdings, ob dieses Ziel innerhalb des bestehenden Ordnungsrahmens erreicht werden kann oder ein grundsätzliches Umdenken notwendig ist.
Zum anderen schlagen wir mit der kritischen Analyse der gesamtwirtschaftlichen Konsolidierungspolitiken der letzten Jahre die Brücke zwischen der Gesamtwirtschaft und einer Finanzwirtschaft, die als Folge der »goldenen Jahre der Finanzialisierung« weiterhin mit erheblichen krisenbedingten Verwerfungen zu kämpfen hat. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, ob und in welchem Maß Begleiterscheinungen dieser Politiken – wie die wachsende Ungleichheit – die Eurozone besonders destabilisiert haben und wie nachhaltige Alternativen zu den eingeschlagenen Wegen aussehen könnten.
Mehr Nachhaltigkeit erfordert eine Rückbesinnung auf die unterstützende Rolle des Finanzsektors für die Realwirtschaft, eine Regulierung für mehr Langfristorientierung und Selbstregenerierfähigkeit der Finanzinstitute auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, ein besseres Zusammenspiel von Fiskal- und Geldpolitik in den Euroländern, mehr soziale Ausgewogenheit der Konsolidierungsmaßnahmen und größere Anstrengungen von Geld- und Fiskalpolitik bei Beschäftigungsaufbau und -sicherung.