Augsburg – die Wiege der bayerischen Sozialdemokratie 1864 –1870
Darstellung und Quellen
Karl Borromäus Murr, Stephan Resch
Als der aus Kempten stammende Mechaniker und Zeugschmied Friedrich Dürr am 19. März 1864 neun Arbeiter im Augsburger Gasthaus „Zur alten Pfalz“ versammelte, konnte er nicht ahnen, dass von diesem Treffen die bayerische Sozialdemokratie ihren Ausgang nehmen sollte. Knapp ein Jahr nachdem Ferdinand Lassalle in Leipzig 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) aus der Taufe gehoben hatte, gründete Dürr in der Fuggerstadt einen Ableger des Vereins, den ersten in Süddeutschland. Die junge ADAV-Gemeinde stellte sich den sozialen Herausforderungen der seit Mitte der 1850er Jahre prosperierenden Industriestadt Augsburg, die sich mit ihrer boomenden Textilindustrie den Ruf eines „deutschen Manchesters“ erwarb.
Ein eindrucksvolles Zeugnis von der Frühzeit dieser bayerischen Arbeiterbewegung legt das im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung verwahrte Protokollbuch der Augsburger ADAV-Gemeinde ab mit einer Laufzeit von 1864 bis 1867. Dass es sich dabei um das älteste Protokollbuch seiner Art in Deutschland handelt, unterstreicht den Quellenwert dieses Dokuments. Seine Edition gab Anlass, die mühevollen Anfangsjahre der Augsburger ADAV-Gemeinde einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Nach Art eines Studienbuches, das sich besonders an Schüler und Studenten wendet, bietet die vorliegende Publikation neben der Darstellung eine Reihe von zeitgenössischen historischen Quellen, wovon die Auszüge aus dem genannten Protokollbuch nur einen Teil bilden. Diese weitgehend kommentierten Dokumente spiegeln die institutionelle Organisation, das soziale Leben, die politische Vorstellungswelt, die Bildungsstrategien und damit verbunden den Wissenskosmos der Augsburger Mitgliedschaft des ADAV, die 1867 erstmals in den Bayerischen Landtag hinein wirkte.