Individuelle Rechtschreibentwicklung
Eine Längsschnittuntersuchung zur Bedeutung von Einflussfaktoren auf die Wortschreibung
Necle Bulut
In der Grundschule ist die Vermittlung basaler Schreibfertigkeiten substanziell, die neben Handschrift insbesondere Rechtschreibung umfassen. Der Aufbau von Rechtschreibkompetenzen wird über die etablierten Stufenmodelle bzw. Schriftspracherwerbsmodelle verallgemeinert. Trotz der bedeutenden Rolle der Rechtschreibung ist immer noch unser Wissen über weitere Bedingungsfaktoren ihrer Entwicklung zu gering und basiert auf zu wenigen Daten. In dieser Arbeit wird die entscheidende große Datenmenge einer echten Längsschnittstudie genutzt, um die Rechtschreibentwicklung von ca. 900 Schülerinnen und Schülern in den ersten beiden Grundschuljahren und die Frage nach dem Spannungsfeld zwischen verallgemeinernden Modellen und individualisierter Betrachtung zu untersuchen. Über Sekundäranalysen von Wortschreibungen zu unterschiedlichen Erhebungszeitpunkten wird dargestellt, dass generelle Aussagen über die Rechtschreibentwicklung als Ergebnis allgemeiner statistischer Verfahren zu den bereits bekannten Stufenmodellen führen; die Berücksichtigung von internalen und externalen Faktoren jedoch hebt individuelle Entwicklungswege hervor. Da die gängigen theoretisch angenommenen Stufenmodelle zum Schriftspracherwerb eben diese individuellen Entwicklungen nicht berücksichtigen, wird erstmals die Theorie komplexer dynamischer Systeme auf die Rechtschreibentwicklung angewendet.