Denunziert
Jeder tut mit. Jeder denkt nach. Jeder meldet
Herbert Dohmen, Nina Scholz
Auch wenn Hitler das „Meer von Denunziationen und menschlicher Gemeinheit“ suspekt schien: Dass Privatpersonen Nachbarn, Kollegen und Familienmitglieder verrieten, erfüllte innerhalb des NS-Regimes eine bestimmte Funktion. Dieser und den Motiven der Denunzianten geht die packende Studie über dramatische Fallbeispiele hinaus nach.
1942 denunziert die Hilfsarbeiterin Rosa Schwarz ihren jüdischen Ehemann wegen früherer vermeintlich antinazistischer Aktivitäten, zeigt ihre beiden ältesten Kinder bei der Gestapo an und bringt die fünf jüngeren in ein Heim der Israelitischen Kultusgemeinde. Michael Schwarz wird nach Auschwitz deportiert und ermordet. Alle sieben Kinder kommen nach Theresienstadt, überleben schwer gezeichnet die Zeit im KZ und kehren nach der Befreiung durch die Rote Armee nach Wien zurück.
Ein besonders dramatischer Fall, aber nur einer von vielen: Im Dritten Reich stand Denunziation auf der Tagesordnung, und das nicht allein durch Gestapo-Spitzel und NS-Blockwarte. Repräsentative und außergewöhnliche Fällen wie jener von Rosa Schwarz und ihren sieben Kindern werfen ein Licht auf das soziale, politische und kulturelle Gefüge der Gesellschaft und legen die Fähigkeit des Menschen zur Unmenschlichkeit bloß.