Erzählungen preisgekrönter koreanischer Autor_innen.
In der Geschichte „Das Verhältnis“ arbeitet ein Mann als persönlicher Betreuer eines Gelähmten. Schließlich soll er dessen Leben leben. Wo beginnt das eigene Leben jenseits der Erwartungen, mit denen wir konfrontiert werden? Von Beziehungen, die so eng sind, dass die Grenzen der Individuen verschwimmen, handelt auch die Geschichte „Der Zwillingsbruder“, in der einer der Brüder den anderen abgrundtief hasst. Auch in anderen Geschichten spielt das Verhältnis zwischen zwei Protagonisten eine Rolle, die in unausweichlich erscheinender Weise miteinander verbunden sind, so in „Der Begleiter“ und „Der Orden“. In „Die Wiederbelebten“ entschließen sich drei alte Menschen ausdrücklich, gegen tradierte Rollen- und Familienbilder zu leben.
„Der lästige Tod“ handelt vom Leben in anonymen großen Wohnsiedlungen der Stadt, die seit einigen Jahrzehnten existieren, auch „Das Kohlfeld“ hat den sozialen Strukturwandel zum Gegenstand, erzählt wird von den schwierigen Lebensumständen einer Frau auf dem Land. Sie baut Kohl an, während ihr Mann schon in der Stadt sein Glück sucht. „Die Nacht war gereift zum Umarmen“ spielt noch zu Kriegszeiten; der Protagonist ist von der Truppe desertiert. Was ist wirklich geschehen, was sind Alp- und Fieberträume? Die Erinnerung an das mögliche eigene Verbrechen beginnt aufzusteigen … „Der Zeuge“ spielt etwas später in den 50er Jahren in der streng antikommunistisch ausgerichteten Republik, in der jede kritische Äußerung unter den Verdacht des Verrats fallen konnte. Zwischen Schüttelfrost und Fieberanfällen ringt der an Tuberkulose erkrankte Protagonist darum, diese aus den Fugen geratene Realität, in der nicht mehr klar zu bestimmen ist, wer Freund und Vertrauter, wer Feind und Verräter ist, zu verarbeiten.
„Die Geschichte Rauls“ spielt als einzige der Erzählungen nicht in Korea und nicht zwischen der Mitte des 20. und dem frühen 21. Jahrhundert. Stattdessen geht sie weit in der Zeit zurück und greift eine Geschichte aus der Bibel auf: Erzählt wird von Rabbi Raul, der seit Kindertagen mit einem gewissen Paulus in Freundschaft, aber auch Rivalität verbunden ist. „Ein hässlicher Topf kann nicht aus Zorn über seine Missgestalt den Töpfer beschimpfen. Der Töpfer gestaltet nach eigenem Belieben schöne wie hässliche Töpfe.“ Mit diesem dem sprachlichen Kosmos der Bibel entlehnten Gleichnis in seiner 1959 (eine Zeit, in der noch strenge Zensurregeln galten) erschienenen Erzählung formulierte Choi In Hun nicht weniger als ein Plädoyer für die Kunstfreiheit.
In „Friedensmorgen“ begegnen sich zwei Menschen kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center unter außergewöhnlichen Umständen in einem Flugzeug auf dem Weg nach Seoul. Sie verbringen eine Nacht miteinander.
Die hier vorgestellten elf Autor_innen wurden zwischen 1918 und 1942 geboren, alle erhielten wichtige Literaturpreise und werden in Südkorea viel gelesen. Der Krieg von 1950 bis 1953 sowie die Jahre der Militärdiktatur waren prägende Lebenserfahrungen, die in einen Teil der Erzählungen auf verschiedene Weise einfließen.
Inhalt: Yi Kyu Hee, Das Kohlfeld – Yu Zae Yong, Das Verhältnis – Zon Sang Guk, Der Begleiter – Yi Dong Ha, Der lästige Tod – Kim Guk Tae, Der Orden – Pak Yon Hee, Der Zeuge – Sin Sang Ung, Der Zwillingsbruder – Choi In Hun, Die Geschichte Raul – Soh Gi Won, Die Nacht war gereift zum Umarmen – Kim Mun Su, Die Wiederbelebten – Kim Young Hee, Der Friedensmorgen.
Heute gilt in Südkorea die Freiheit der Meinung, der Presse und der Kunst. Doch in der Mitte des 20. Jahrhunderts musste sich die Literatur gegen schwerwiegende Eingriffe behaupten. Im Jahr 1940 verbot die japanische Kolonialmacht alle Druckerzeugnisse in koreanischer Sprache und darüber hinaus auch den Koreanisch-Unterricht an den Schulen. Unter diesen Vorzeichen konnte die koreanische Literatur nur klandestin im Untergrund und jenseits der Heimat im Exil überleben.
Nach der Befreiung von Japan 1945 kam die südliche Hälfte Koreas unter US-amerikanische Verwaltung. Die 1948 daraus hervorgehende Republik Korea war strikt antikommunistisch ausgerichtet und entwickelte sich rasch zu einem autokratischen System. Den Machthabern unangenehme Zeitschriften und Bücher wurden verboten. Es galten strenge Zensurgesetze, jede Kritik am Regime stand unter dem Generalverdacht des »Verrats« und konnte als »kommunistische Subversion« denunziert werden.
Und so zeigt sich in manchen dieser Texte auch die Kunst, durch Anspielungen und Doppelbödigkeiten die damals herrschende Zensur zu unterlaufen.
Aktualisiert: 2021-12-10
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Erzählungen preisgekrönter koreanischer Autor_innen. Geschichten über Begegnungen und dramatische Situationen. Das Leben auf dem Land und in Seoul in den 50er, 60er Jahren.
Die hier vorgestellten elf Autor_innen wurden zwischen 1918 und 1942 geboren, alle erhielten wichtige Literaturpreise und werden in Südkorea viel gelesen.
Zu den einzelnen Erzählungen:
In der Geschichte „Das Verhältnis“ arbeitet ein Mann als persönlicher Betreuer eines Gelähmten. Schließlich soll er dessen Leben leben. Wo beginnt das eigene Leben jenseits der Erwartungen, mit denen wir konfrontiert werden? Von Beziehungen, die so eng sind, dass die Grenzen der Individuen verschwimmen, handelt auch die Geschichte „Der Zwillingsbruder“, in der einer der Brüder den anderen abgrundtief hasst. Auch in anderen Geschichten spielt das Verhältnis zwischen zwei Protagonisten eine Rolle, die in unausweichlich erscheinender Weise miteinander verbunden sind, so in „Der Begleiter“ und „Der Orden“. In „Die Wiederbelebten“ entschließen sich drei alte Menschen ausdrücklich, gegen tradierte Rollen- und Familienbilder zu leben.
„Der lästige Tod“ handelt vom Leben in anonymen großen Wohnsiedlungen der Stadt, die seit einigen Jahrzehnten existieren, auch „Das Kohlfeld“ hat den sozialen Strukturwandel zum Gegenstand, erzählt wird von den schwierigen Lebensumständen einer Frau auf dem Land. Sie baut Kohl an, während ihr Mann schon in der Stadt sein Glück sucht. „Die Nacht war gereift zum Umarmen“ spielt noch zu Kriegszeiten; der Protagonist ist von der Truppe desertiert. Was ist wirklich geschehen, was sind Alp- und Fieberträume? Die Erinnerung an das mögliche eigene Verbrechen beginnt aufzusteigen … „Der Zeuge“ spielt etwas später in den 50er Jahren in der streng antikommunistisch ausgerichteten Republik, in der jede kritische Äußerung unter den Verdacht des Verrats fallen konnte. Zwischen Schüttelfrost und Fieberanfällen ringt der an Tuberkulose erkrankte Protagonist darum, diese aus den Fugen geratene Realität, in der nicht mehr klar zu bestimmen ist, wer Freund und Vertrauter, wer Feind und Verräter ist, zu verarbeiten.
„Die Geschichte Rauls“ spielt als einzige der Erzählungen nicht in Korea und nicht zwischen der Mitte des 20. und dem frühen 21. Jahrhundert. Stattdessen geht sie weit in der Zeit zurück und greift eine Geschichte aus der Bibel auf: Erzählt wird von Rabbi Raul, der seit Kindertagen mit einem gewissen Paulus in Freundschaft, aber auch Rivalität verbunden ist. „Ein hässlicher Topf kann nicht aus Zorn über seine Missgestalt den Töpfer beschimpfen. Der Töpfer gestaltet nach eigenem Belieben schöne wie hässliche Töpfe.“ Mit diesem dem sprachlichen Kosmos der Bibel entlehnten Gleichnis in seiner 1959 (eine Zeit, in der noch strenge Zensurregeln galten) erschienenen Erzählung formulierte Choi In Hun nicht weniger als ein Plädoyer für die Kunstfreiheit.
In „Friedensmorgen“ begegnen sich zwei Menschen kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center unter außergewöhnlichen Umständen in einem Flugzeug auf dem Weg nach Seoul. Sie verbringen eine Nacht miteinander.
Die hier vorgestellten elf Autor_innen wurden zwischen 1918 und 1942 geboren, alle erhielten wichtige Literaturpreise und werden in Südkorea viel gelesen. Der Krieg von 1950 bis 1953 sowie die Jahre der Militärdiktatur waren prägende Lebenserfahrungen, die in einen Teil der Erzählungen auf verschiedene Weise einfließen.
Inhalt: Yi Kyu Hee, Das Kohlfeld – Yu Zae Yong, Das Verhältnis – Zon Sang Guk, Der Begleiter – Yi Dong Ha, Der lästige Tod – Kim Guk Tae, Der Orden – Pak Yon Hee, Der Zeuge – Sin Sang Ung, Der Zwillingsbruder – Choi In Hun, Die Geschichte Raul – Soh Gi Won, Die Nacht war gereift zum Umarmen – Kim Mun Su, Die Wiederbelebten – Kim Young Hee, Der Friedensmorgen.
Heute gilt in Südkorea die Freiheit der Meinung, der Presse und der Kunst. Doch in der Mitte des 20. Jahrhunderts musste sich die Literatur gegen schwerwiegende Eingriffe behaupten. Im Jahr 1940 verbot die japanische Kolonialmacht alle Druckerzeugnisse in koreanischer Sprache und darüber hinaus auch den Koreanisch-Unterricht an den Schulen. Unter diesen Vorzeichen konnte die koreanische Literatur nur klandestin im Untergrund und jenseits der Heimat im Exil überleben.
Nach der Befreiung von Japan 1945 kam die südliche Hälfte Koreas unter US-amerikanische Verwaltung. Die 1948 daraus hervorgehende Republik Korea war strikt antikommunistisch ausgerichtet und entwickelte sich rasch zu einem autokratischen System. Den Machthabern unangenehme Zeitschriften und Bücher wurden verboten. Es galten strenge Zensurgesetze, jede Kritik am Regime stand unter dem Generalverdacht des »Verrats« und konnte als »kommunistische Subversion« denunziert werden.
Und so zeigt sich in manchen dieser Texte auch die Kunst, durch Anspielungen und Doppelbödigkeiten die damals herrschende Zensur zu unterlaufen.
Aktualisiert: 2022-03-31
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Über vier Generationen hinweg erzählt An Su-Kil von einer Familie in der chinesisch-koreanischen Grenzregion Buk Gan Do, das Wanderleben der politisch und wirtschaftlich unterdrückten Menschen. Dabei entsteht zugleich ein hintergründiges Porträt der wechselvollen koreanischen Geschichte zwischen 1870 und 1945; vom Niedergang der Choson-Dynastie bis zum Ende der japanischen Kolonialherrschaft. Eine literarische Verdichtung individueller Lebensläufe und weltgeschichtlicher Entwicklungslinien. Mit einigen historischen Fotos, die PRintausgabe enthält mehr Bilder.
Yi Zang Jun und seine Frau Ssang Ga Mae, Vertreter der dritten Generation, sind Schlüsselfiguren des Romans. Viele wichtigen Ereignisse sind mit ihnen verknüpft. Der Roman zeichnet sich durch die regelmäßige Wiederkehr bestimmter Motive und Handlungselemente aus, die gleichsam von Generation zu Generation neu erlebt werden. Die meisten leben von der Landwirtschaft, sie bietet darüber hinaus durch die zyklische Wiederkehr auch eine Lesart für die Geschichte selbst, die sich durch die stete Abfolge von Fortschritten und Rückschlägen, Gesundheit und Krankheit, Freiheit und Gefängnis, Aufbau und Zerstörung, Kämpfen, Schlachten, Souveränität und Fremdbestimmung, Leben und Tod auszeichnet.
Aktualisiert: 2020-01-01
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Über vier Generationen hinweg erzählt An Su-Kil von einer Familie in der chinesisch-koreanischen Grenzregion Buk Gan Do, das Wanderleben der politisch und wirtschaftlich unterdrückten Menschen. Dabei entsteht zugleich ein hintergründiges Porträt der wechselvollen koreanischen Geschichte zwischen 1870 und 1945; vom Niedergang der Choson-Dynastie bis zum Ende der japanischen Kolonialherrschaft. Eine literarische Verdichtung individueller Lebensläufe und weltgeschichtlicher Entwicklungslinien.
Yi Zang Jun und seine Frau Ssang Ga Mae, Vertreter der dritten Generation, sind Schlüsselfiguren des Romans. Viele wichtigen Ereignisse sind mit ihnen verknüpft. Der Roman zeichnet sich durch die regelmäßige Wiederkehr bestimmter Motive und Handlungselemente aus, die gleichsam von Generation zu Generation neu erlebt werden. Die meisten leben von der Landwirtschaft, sie bietet darüber hinaus durch die zyklische Wiederkehr auch eine Lesart für die Geschichte selbst, die sich durch die stete Abfolge von Fortschritten und Rückschlägen, Gesundheit und Krankheit, Freiheit und Gefängnis, Aufbau und Zerstörung, Kämpfen, Schlachten, Souveränität und Fremdbestimmung, Leben und Tod auszeichnet.
Aktualisiert: 2020-07-01
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Zarte Liebes- und andere Lebens-Geschichten aus 30 Jahren in Korea. Die Liebe wird oft durch die Umstände nahezu unlebbar. Doch die Erzählungen entfalten eine sanfte Intensität. Eine fremde Welt? Beschrieben, überschrieben von den Erinnerungen an eine ferne Zeit historisch anmutender Verhältnisse, Umstände, Situationen im (immer noch) geteilten Korea: in einer Sprache, die an der Konvention zweifelt und von den Konventionen spricht, an denen ihre Figuren verzweifeln. Das unfallartige Aufeinandertreffen von Raum und Zeit, Geschlechtern und Gesetzen, Ideologien und Ideen, das uns in Deutschland, bis auf die Fremdheit der Namen, so fremd nicht sein kann.
Aktualisiert: 2020-04-06
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An einer Brücke setzt die Erinnerung ein. Won Gu ist vier Jahre alt. Auf dem Rücken des Onkels oder an der Hand der Großmutter geht auch er zum Fest auf die Man-Se-Gyo-Brücke. Sie hängen die schmutzigen Hemden der Kinder über das Brückengeländer, um vom Gott der Brücke ein sorgenfreies Jahr zu erbitten.'Vordergründig ging es wohl darum, die Ahnen zu ehren, sie zum neuen Jahr zu grüßen, doch tatsächlich drehte sich alles ums Vergnügen. Und natürlich ging es nicht um die Brücke. Diese war nur der willkommene Anlass, den Fluss zu feiern, den Song Zon Gang.'
Der Roman spielt in der Zeit, in der Korea sich nach außen öffnete und dann zum Schauplatz von Machtkämpfen der Großmächte wurde. Eine Zeit, in der sich die Welt verwan-delt. Die Auswirkungen sind heute noch zu spüren.
Und all das spiegelt sich in diesem Ort am Fluss, in dem Won Gu und seine Familie leben, und in dieser mitreißenden Geschichte einer Kindheit.
Erste europäische Kaufleute kommen in die Stadt, später russische und japanische Soldaten, die Bewohner fliehen, kehren zurück, und währenddessen passieren die kleinen alltäglichen Dramen und schöne Ereignisse.
Zugleich setzt der Autor einer Landschaft, einer Region und den Menschen, die dort leben, und ihren Lebensformen ein Denkmal.
An Su-Kil (3.11.1911–1977) ist einer der bekanntesten Autoren seiner Generation in Korea. Sein Leben, ist geprägt von verschiedenen Diktaturen, Exil und der Teilung des Landes, und das fließt in seine Literatur. In seinen Geburtsort in Nordkorea konnte er nicht mehr reisen.
Aktualisiert: 2023-03-14
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