Traurige Vergnügungen ist ein in Prosa verfasstes Werk, das der Literaturgattung der »kaputten Erzählung« zuzuordnen ist. Um eine kaputte Erzählung anzufertigen, muss man sich eine intakte Erzählung besorgen, die Treppe bis in den siebten Stock hinaufsteigen und die Erzählung aus einem Dachbo-denfenster werfen. Dann geht man hinunter auf die Straße und sammelt die Brocken ein: Prosagedichte, Kurzmitteilun-gen, gedehnte Aphorismen, Lehrfabeln, abgebrochene Se-quenzen, Traumaufzeichnungen, komprimierte Romane, Ab-schweifungen, scharf umrissene Miniaturen in verschwomme-ner Umgebung.
Die zerbrochenen und die zu stark beschädigten Stücke wirft man weg. Man behält nur die erkennbaren Fragmente, die an den Rändern geglättet und ohne ein klares Schema miteinan-der verklebt werden. (Enrico De Zordo)
Aktualisiert: 2023-04-15
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Die Geschichte schildert ein Jahr im Leben des kleinen Jungen Giacomo Chiodi. Er erzählt vom ein fachen Leben in ärmlichen Verhältnissen in den sogenannten „Semirurali“, einem am Stadtrand von Bozen gelegenen und im Zuge der Industriealisierung während der faschistischen Herrschaft aus dem Boden gestampften Viertel für die zugewanderten italienischen Arbeiterfamilien.
Die in die ehemaligen Obstwiesen am südlichen Stadtrand hineingebauten zweigeschoßigen Häuschen mit Gemüsegarten und Kleinviehstall für durchschnittlich vier Familien, alle nach einem einheitlichen Muster geplant und gebaut, waren einerseits als zusätzlicher Magnet gedacht, Bauern aus den anderen italienischen Provinzen für die gerade entstehende Bozner Industriezone anzuwerben, und andererseits der beinahe ausschließlich deutschsprachigen Bevölkerung ein italienisches Gegengewicht entgegensetzen zu können.
Für ein Kind, das in den sechziger Jahren in diesem „halb ländlichen“ Viertel (ital. = „semi-rurale“) aufwuchs, spielte das alles keine Rolle mehr; eine viel größere aber spielte die ziemlich große Freiheit, die eine Kindheit in diesem Umfeld voller breiter Straßen, enger Gässchen, Gärten, Wiesen und geheimnisvoller Winkel, und auch die relative Nähe zur Stadt bot – häufig trotz einer Existenz am Rande der Armut.
Aktualisiert: 2022-12-31
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Eine große Liebesgeschichte, die vor dem ersten Weltkrieg in Lemberg als „schlampiges Verhältnis” zwischen dem reichen Großgrundbesitzer Kazimierz Bodinsky und seiner Hausdame Mitzi Greiner beginnt, aber schon nach kurzer Zeit von Mitzi sang- und klanglos beendet wird.
Der Hausherr hält sich an einer jungen Huzulin schadlos, die seine Frau in die Dienerschaft aufgenommen hat, weil sie sich von dem jungen Mädchen seltsam angezogen fühlt. Als ihr die unterschwellig vorhandene erotische Zuneigung zu der neuen Dienerin und gleichzeitig deren Verhältnis zu ihrem Mann bewusst wird, begeht sie – ohnehin psychisch labil und hochgradig hysterisch (so nannte man das damals) – Selbstmord. Sie erhängt sich, ausgerechnet am Teufelsbaum, der in dem abergläubischen Denken der Landbevölkerung ohnehin schon einen sagenumwobenen Ruf einnimmt. Die fortgejagte Huzulin erscheint nach einiger Zeit wieder und legt dem Hausherrn mit den kargen Worten: „Es ist Euer Sohn. Euer Eigentum”, ein Bündel auf den Tisch.
Der zweite Teil des Romans spielt in Meran, wohin Pan Bodinsky aus gesundheitlichen Gründen übersiedelt ist und dort vom Ausbruch des ersten Weltkriegs überrascht wird. Sein Sohn, das Kind der Huzulin, lebt bei ihm und geht in Meran zur Schule, während seine eheliche Tochter als Krankenschwester in einem Lazarett in Wien arbeitet. Anlässlich eines Besuchs in Meran berichtet sie von den grauenhaften Zuständen in der Stadt und in den Lazaretten, aber auch vom Schicksal der Mitzi Greiner. Obwohl auch sie bei ihrem Vater ein sorgloses Leben führen könnte, prangert sie dessen unbeschwertes Leben an und kehrt nach Wien zurück.
...Das Ende des ersten Weltkriegs stürzt die Welt ins Chaos, der Brenner ist zu einer undurchlässigen Grenze geworden, Züge verkehren kaum noch und wenn, sind sie total überfüllt. Trotzdem gelingt es Bodinsky, von der Sorge um seine Tochter getrieben, nach Wien zu gelangen. In der Wohnung seiner Tochter – von ihm zu ihrer Hochzeit luxuriös eingerichtet, jetzt aber komplett ausgeleert (alles wurde gegen Lebensmittel eingetauscht) – trifft er wieder auf Mitzi Greiner. Bei einer kargen Kartoffelsuppe, mühsam auf einem kleinen Öfchen in der Küche zubereitet, wird ihm bewusst, dass er eigentlich die ganzen Jahre hindurch immer nur sie im Sinn hatte und er ist sich plötzlich sicher, nur an ihrer Seite weiterleben zu wollen. Aber ob sie das auch will …?
Vor dem Hintergrund des zerfallenden Habsburgerreiches, erzählt der Roman die Geschichte von charakterlich sehr unterschiedlichen Menschen, die auf seltsame Art, vielfach mehr vom Zufall als von gewollten Aktionen gesteuert, aufeinander und voneinander zu- und wegbewegt werden. Ganz im Sinne der stillstehenden Zeit vor dem großen Krieg, als die Welt den Atem anzuhalten und widerstandslos das Hereinbrechen der Katastrophe zu erwarten schien.
Das Leben in Galizien, damals der östlichste Teil des Habsburgerreiches, mit seinen vielen unterschiedlichen Volksgruppen, bildet die bunte Kulisse für die Handlung. Das von Aberglauben und Mythen bestimmte Leben der Landbevölkerung, wird vor allem in der Schilderung der Huzulen deutlich, die ihr Leben nach ganz eigenen, unserem Gesellschaftsverständnis völlig fremdem Regeln, gestalten. Diese bunte Welt versinkt dann im Chaos der Weltkrieges und lässt auch die handelnden Personen orientierungslos zurück – nur die vor vielen Jahren begonnene Liebesbeziehung, lässt am Ende einen kleinen Hoffnungsschimmer aufleuchten.
Aktualisiert: 2020-12-05
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Eine freundschaftliche Begegnung der Autorin mit Franz Müller, dem letzten Überlebenden der studentischen Widerstandsgruppe Die weiße Rose, eröffnet den Reigen der Erzählungen: ein Gespräch entwickelt sich vor dem friedlichen Hintergrund eines Spätsommertages im Englischen Garten und sein Bericht wirkt unglaubhaft und wie aus einer anderen Welt.
Damit ist der rote Faden, der sich durch alle Erzählungen zieht, vorgegeben: jeder der diese Zeit erlebt hat, versucht auf seine Weise damit fertig zu werden. Da ist die junge Frau, die als kleines Mädchen als Einzige ein Massaker in einem italienischen Dorf überlebt hat, und auch ihr Psychotherapeut vermag nicht, den Schutzschild zu durchbrechen der den wahren und offenbar unerträglichen Ablauf der Begebenheit, vor Ihrem Bewusstsein fernhält. Da ist der Bericht einer Österreicherin, die ihren einsamen Lebensabend in Spanien verbringt und nicht davon loskommt, wie sie mit ihrer jüdischen Mutter vom arischen Vater im Stich gelassen wurde und nur knapp überlebte. Aber auch die Täter kommen zu Wort, ein ehemaliger SS-Offizier, an Parkinson leidend und in einem Altersheim dahin vegetierend, versucht ein letztes mal seiner ihm unbekannt gebliebenen Tochter zu erklären, was nicht zu erklären ist.
Und dann ist da als versöhnlicher Abschluss die Sora Elsa, eine römische Hausmeisterin, die die Ereignisse mit gesundem Menschenverstand kommentiert und ohne viel Gerede eine jüdische Mieterin vor der Gestapo versteckt. Eine Erzählung, die am Ende in die reale Vergeltungsmaßnahme der SS in den Ardeatinischen Höhlen mündet.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse, sind die Erzählungen höchst brisant, „Blindgänger und Zeitzünder der Geschichte”, nannte sie ein Rezensent, aber fügt auch tröstlich hinzu, dass sie mit Geduld und Vorsicht wohl zu entschärfen wären. Hoffentlich hat er recht...
Aktualisiert: 2023-03-20
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Südtirol 1943-45: Seit Anfang Oktober 1944 steht am Eingang des Passeirertales ein Schild mit der Aufschrift „Achtung! Bandengefahr Tag und Nacht.“
Eine Gruppe junger bewaffneter Wehrmachtsdeserteure hält sich in den Wäldern versteckt. Ihr Anführer ist Karl Gufler. Sein Name sorgte im Tal noch lange für Gesprächsstoff und wurde mit den unterschiedlichsten Attributen verknüpft: der Rebell, der Bandit, der Partisan.
1939 gerade zwanzig Jahre alt, optiert er für die deutsche Staatsbürgerschaft und wird Soldat der deutschen Wehrmacht. Drei Jahre an der Front machen aus ihm einen entschiedenen Kriegsgegner. Im Mai 1943 kehrt er nicht mehr zu seiner Truppe zurück und wird zum ersten Deserteur des Tales.
Verraten und gefangen genommen, wird er zum Dienst in einer Strafkompanie verurteilt. Erneut gelingt ihm eine abenteuerliche Flucht, diesmal aus Ungarn, und er kehrt als „Rächer“ in die Heimat zurück.
Nach dem Krieg ist ihm die Rückkehr in ein so genanntes bürgerliches Leben nicht mehr möglich. Er bleibt ein (bewaffneter) Außenseiter. Sein kurzes und intensives Leben endet mit nur 27 Jahren in einem Feuergefecht mit einer Carabinieri-Streife.
Aktualisiert: 2017-03-08
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Ein Dorflehrer, Ende der zwanziger Jahre aus der Poebene in das gerade eroberte Territorium der Provinz Bozen, nunmehr Alto Adige, zugewandert, erzählt von den Menschen, die in der Sumpflandschaft vor den Toren Merans versuchten, sich eine neue Existenz aufzubauen.
Vom Hunger aus ihren Herkunftsdörfern vertrieben, von der Rhetorik und den Versprechungen des Regimes verführt, landen diese Menschen in einem ihnen feindlich gesinnten Umfeld, in dem auch sie, die Vertrieben, zu Besetzern wurden.
Zwei Sachen gibt es in Borgo Vittoria (heute Sinich/Sinigo) zu tun: Die Trockenlegung der Sümpfe vor den Toren Merans, um darauf Felder anlegen zu können, und die Arbeit in der neuen, vom Regime errichteten Kunstdüngerfabrik.
Wie sich aber bald herausstellen wird, gehen nicht nur die Versprechungen der Regimes nicht in Erfüllung; die Geschichte, die sich über den Köpfen dieser Menschen abspielt und die Europa in die Katastrophe führen wird, geht auch am Leben dieser Migranten nicht spurlos vorüber und zerstört auch die letzten noch verbliebenen Hoffnungen.
Im Mai 2008 brachte das Teatro Stabile di Bolzano einen Monolog auf die Bühne, der wohl zum ersten Mal die Geschichte der Besetzung Südtirols durch den Faschismus aus den Augen der Bauern und Arbeiter erzählte, die aus dem restlichen Italien meist aus purer Armut zugewandert waren. Der Monolog war die szenische Aufarbeitung einer Erzählung von Andrea Rossi, die 2008 unter dem Titel Sinigo. L’acqua ci correva dentro im alphabeta Verlag erschienen ist.
Aktualisiert: 2021-12-28
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Am Totenbett ihrer behinderten älteren Schwester schreitet Enza, die Protagonistin dieser Erzählung, noch einmal die wichtigsten Etappen ihres Lebens ab. Nach ihrer einsamen Kindheit in einer äußerst gefühlsarmen Umgebung findet sie eine Anstellung in einem heruntergekommenen Grand Hotel, wo sie den Sohn der Besitzerin kennenlernt, heiratet, drei Kinder zur Welt bringt und zur Hoteldirektorin aufsteigt. Ihr Leben wird aber nach wie vor von der mangelnden Liebe ihrer Mutter, die in den 30er Jahren aus Kalabrien nach Südtirol gekommen war, und einer extremen Abhängigkeit von dieser bestimmt. Die Mutter bricht kurz vor ihrem Tod das Schweigen. Ihr Geständnis bringt den Wendepunkt in Enzas Leben, ihr ohnehin schon fragwürdiges Gleichgewicht und ihre gesamte Identität kommen endgültig ins Wanken. Ohne dass sie davon gewusst hätte, war ein Ereignis aus der NSBesatzungszeit in Südtirol bestimmend für ihr Leben gewesen.
Die einfühlsame Erzählung eines Lebens, das die Kriegsleiden bewusst und unbewusst mit indie Nachkriegszeit nimmt. Ada Zapperi Zucker zeichnet das Porträt einer Frau, deren Selbstanalyse am Ende doch zur Versöhnung führt.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Vier Erzählungen und eine Biografie – eine etwas ungewöhnliche Zusammenstellung, doch geht die Biografie aus einer der Erzählungen hervor. Alle vier Erzählungen aber sind mehr oder weniger mit dem zweiten Weltkrieg verbunden, entweder in den Erinnerungen der Nachkriegsgeneration oder als handfeste Gegenwart, wie in der ersten Erzählung, in der eine Wiener Jüdin in Gossensaß Unterschlupf sucht. Das italienische Original dieser Erzählung erhielt 2013 den ersten Preis für unveröffentlichte Arbeiten des internationalen Literaturwettbewerbs "Il Molinello".
Aktualisiert: 2023-03-20
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