Eine Frau. Ein merkwürdiger Flötenspieler. Und der Zauber der Musik.
Die namenlose Erzählerin im Roman von Rike Springer mag keine oberflächlichen Gespräche über Alltägliches, über Karriere und Beruf, keine glatten Lebensläufe, kein Austauschen von Rezepten – sie interessiert sich für Menschen mit unsichtbaren Schrammen, für Augen des Sommers und des Winters. Sie meidet Menschenmengen, in denen sie sich einsam fühlt, und so werden allmählich die Gedanken ihre besten Freunde. Eines Tages begegnet ihr ein Flötenspieler, der sich nach einem Schicksalsschlag von der Musik abwenden will. Er ist abwehrend und verschlossen. Sie sucht den Zugang zu ihm und bemerkt dabei, dass nicht nur der Künstler Heilung braucht, sondern auch sie selbst.
Ein bezaubernder, ungewöhnlicher Roman, klug und unterhaltsam geschrieben.
Aktualisiert: 2022-06-10
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In ca 100 farbigen Aquarellbildern setzt sich der in der Steiermark beheimatete Künstler Gerald Brettschuh mit dem weiblichen Körper auseinander. Provozierend explizit lotet er das Verhältnis seines eigenen – männlichen – Blicks auf den Körper der Frau aus. Mit großer Lust an der Lust – jedoch nicht ohne die eigene Verstörung, ja, Bestürzung angesichts des anderen Geschlechts mitzureflektieren und sichtbar zu machen.
Der Philosoph Peter Strasser begleitet die Bilder mit einem szenischen Kommentar: nicht minder explizit, humorvoll, aber auch tiefgründig.
Zwei Männer, der eine malend, der andere schreibend, gehen ihrem eigenen Bild von "der Frau" nach.
Aktualisiert: 2022-02-03
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I „Beide meine Hände sind alles, was ich bin“
„Der Gebrauch der Körper“ ist Titel des ersten Teils der von Michael Pilz erstellten 751-minütigem (!) Filmdokumentation über das Gesamtkunstwerk Gerald Brettschuh. Der Cineast Harry Tomicek nennt seinen Essay über dieses monumentale Werk „Der Gebrauch des Körpers F-i-l-m“. Darin denkt der Autor über das Wesen der Kinematografie nach, deren Fähigkeit, Bewegung festzuhalten, genauer gesagt: die Bewegung „der sichtbaren und sinnfällig werdenden Körper und an Körper gebundenen Dinge“.
In besagtem Film ist es vor allem der Körper des Malers Brettschuh, dessen Bewegungen akribisch dokumentiert werden. Die an seinen Körper (im übertragenen Wortsinn) gebundenen Dinge sind in erster Linie jene Utensilien, die für die Herstellung von Bildern benötigt werden. Bilder, die aber auch Körper und Dinge als Motive brauchen, um Bilder zu werden. Oder, könnte man sagen, sie, die Bilder, brauchen Gegenstände. Denn Gerald Brettschuhs Kunst wird gemeinhin in der Rubrik „gegenständlich“ geführt. (…)
Auch Brettschuh hält Bewegungen fest, manchmal als im Kopf fixierte Momentaufnahmen wie in den „Box-Bildern“ (davon später mehr). Dann wiederum werden aus Bewegungen heraus entstandene Posen festgehalten, speziell in unzähligen Aktbildern, die den (weiblichen) Körper pur ins Bild setzen, stellen, legen. Menschen in unterschiedlichsten Haltungen bevölkern aber auch jene Bilder, die in dieser Ausstellung die Abteilung „Figuren“ bilden.
Jedenfalls geht es um den Gebrauch der Körper. Bekleideter und nackter Körper. Die gebraucht werden für Bilder, die mittels dieser Körper Unterschiedliches erzählen, höchst Unterschiedliches. Gebraucht im Sinn von benötigt. Für Bild-Geschichten, deren Motive dem Alltag ebenso entnommen sind wie der Phantasie, mit immer wieder sich auflösenden Grenzen zwischen der Außen- und der Innenwelt, den diversen Erfahrungssphären des Künstlers. Es sind Szenen, in welchen Menschen wie Du und Ich auf solche treffen, die ganz anders scheinen, aber – möglicherweise – auch sind wie Du und Ich. Wer kennt sich schon wirklich?
Gerald Brettschuh ist der Erfinder und Choreograf dieser vom Gebrauch der Körper handelnden Szenen. Er ist der Schöpfer, aber in vielen Fällen auch das zentrale Geschöpf. Als Brettschuh-Körper in mehr oder weniger verkleidenden Verkleidungen. Entkleidungen. Porträt und Selbstporträt präsentieren sich als symbiotische Verschmelzungen.
Brettschuhs Verhältnis zum Körper, zum eigenen und jenen der anderen, ist ein intensives. Im dritten „Triptychon“-Teil „Das Fest“ liest Brettschuh ein eigenes Gedicht vor, das nicht zuletzt dieses innige Verhältnis zum eigenen Körper, zur eigenen Person zum Ausdruck bringt. „Ich feiere mich selbst und singe mich selbst, / Und was ich mir anmaße, sollst du dir anmaßen, / Denn jedes Atom, das mir gehört, gehört auch dir.“ Nein, das ist nicht Brettschuh, das ist Walt Whitman. Der Beginn seines „Gesangs von mir selbst“. In Brettschuhs Worten hört sich das so an: „Ich in meiner Schönheit als Mensch / liebe alles an mir. Alles. / Am meisten aber meine Hand, / meine Hand, die eine wie die andere. / Beide meine Hände sind alles, was ich bin. / Brettschuh-Hände. / Hände hat jeder, keine Hand gleicht der anderen. / Was jeder mit seinen Händen machte bis heute, wer weiß. / Mit meinen Händen habe ich alles gemacht / selber mich, mich selber. / Meine Hände werden, / wenn alles Fleisch verloren, alle Haut, alles Fett, die Sehnen / noch nachleuchten. / Sie werden sagen zu den Unterirdischen: Seht hier – meine Hände.“ Keine Frage: Hände sind eine Art Markenzeichen in Brettschuhs Bildern. Hände, deren – manchmal zwischen den Welten, Diesseits und Jenseits, Oben und Unten angesiedelte – Markanz hervorsticht.
Whitman besang „den elektrischen Leib“ – „the body electric“ –, Brettschuh bringt in seinen Bildern körperliche Energien von Whitman‘scher Qualität zum Ausdruck. „Oh mein Leib! Ich wage dein Ebenbild in meinen Mitmenschen, Mann und Weib“ – der amerikanische Dichter (den Brettschuh selbstredend nur im Original liest) geht das Wagnis mit seiner Literatur ein, der österreichische Maler mit seinen Bildern. Beide scheuen vor Pathos nicht zurück, beide werden nie peinlich.
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Aktualisiert: 2022-04-21
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Manche Rahmen umfassen die Ewigkeit von innen
Wenn ich Gerald Brettschuh treffe, erlebe ich eine eigenartige Desintegration der eigenen Person. Seine Unruhe erfasst, irritiert jedoch nicht. Ich vermute, dass es sich dabei um eine kreative Unruhe handelt. Dazu strahlt er eine zauberhafte menschliche Wärme aus. Diese Wärme ist von kindlicher Unvoreingenommenheit wie auch von elterlich anmutender Fürsorglichkeit. Das sind gleichsam die Vektoren, zwischen denen die Segel gesetzt sind, mit denen der Künstler Gerald Brettschuh durch die Welt, den Himmel und die Unterwelt segelt. Er hat keine Grenzen. Er kennt Grenzen zwar, aber er akzeptiert sie nicht. Er ist in diesem Sinne, um ein Wort aus der Jugendsprache zu verwenden, schmerzbefreit. Das Wort bedeutet ja nicht, dass man den Schmerz nicht fühlen würde, es bedeutet, dass man einen alternativen Umgang mit ihm pflegt. Der Schmerz spielt eine große Rolle auch im Leben von Brettschuh. Als sich seine erste Frau einem anderen Mann zuwandte, ihn verließ, malte er Tag und Nacht, bis das Unvorstellbare in ihm Wirklichkeit geworden war. In diesen Bildern wird Schmerz Wirklichkeit, sosehr, dass er sich ins Unwirkliche entfremdet. Das ist etwas, was wir alle erleben können: Wenn wir uns mit etwas ganz identifizieren, dann wird es uns fremd. Wir müssen dem Eigenen gegenüberstehen, damit wir es noch als das Eigene verstehen können. Haben nennt man das. Im Sein löst sich alles auf. Das ist vermutlich der künstlerische Prozess. Wenn ich mit Gerald Brettschuh in Berührung komme spüre ich, dass der künstlerische Akt nie endet. Er hat keinen Anfang, er hat kein Ende. Jeder Blick, jeder Atemzug ist dem gewidmet, worum es ihm letztlich geht. Eine eigenartige, immerwährende Konzentration. Nicht gewollte, sondern unfreiwillige, unvermeidliche Gefolgschaft. Ein Künstler mit Haut und Haaren. Seine Bilder erinnern an Höhlenmalerei, Antike, Renaissance, Expressionismus und entziehen sich letztlich allen Kategorien. Der Verführung, sich von der Stereotypie der eigenen, erfolgreichen, der funktionierenden Kunst korrumpieren zu lassen hat er sich entzogen. Er schafft aus sich heraus, folgt keinem Zeitgeist. Das unterscheidet ihn von vielen seiner Kollegen.
Einmal habe ich G.B. gefragt, ob nicht vielleicht der Betrachter, der verstehende Aufnehmer eines Kunstwerkes, der eigentliche Künstler wäre? Wann, so meine Frage, entstehe denn eigentlich ein Kunstwerk? Der Künstler sei vielleicht nicht Künstler, sondern ein Wahrnehmender. Ein Medium? Als ich ihm diese Provokation vor Augen hielt, war er sofort bereit zu folgen. Er war bereit seine eigene Identität für das zu opfern, was ihm das Wichtigste im Leben ist: Nicht er selbst, sondern aus ihm und durch ihn wird gestaltet. Natürlich ist auch Gerald Brettschuh wie wir alle, laut Joseph Beuys, Künstler. Nein, nicht wie wir alle. Er ist radikaler, daher bedankter. Gott sei Dank!
Die in dieser Publikation vorliegenden Werke verbindet ihre Vorläufigkeit. Das Vorläufige scheint mir eine ganz vornehme künstlerische Ausdrucksform zu sein. Denn sie lässt frei. Manchmal wenige Striche, manchmal mehr, manchmal Farbe manchmal nicht. Warum gerade so? Die Erkenntnis, jeder weitere Strich, weitere Farben könnten zuviel sein, zerstören, macht aus dem Unfertigen das Fertige. Ein spannender, ein inspirierender Prozess für den Betrachter. Lehrreich für unser eigenes Leben. Das was der Maler aufzeigt sind nicht Zustände. Es sind dynamische Dimensionen des Menschseins und gehen über diese hinaus. Daher nennt er die vorliegende Auswahl nicht Figuren sondern Figuralien. Wie in meinem Gedicht Manche Rahmen / Umfassen die Ewigkeit / Von innen zeigen sie weniger wer sie sind, sondern weisen auf das Unermessliche des Nichtseins hin. Das beschreibt meistens genauer, jedoch auch unpraktischer.
Gerald Brettschuh hat zu seinen Bildern, bei aller Liebe zu ihnen, eine eigenartige Distanz. Sucht ihr aus, sagte er zur Kuratorin Aurelia Meinhart und mir. Sagte es und verschwand. Als ob er sagen wollte: Tut das wozu ihr gekommen seid, ich hab mein Teil getan. Das haben wir getan, das werden wir wie viele andere weiterhin tun. Sucher sind Finder.
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Aktualisiert: 2019-06-05
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Was dem Dichter-Maler Henri Michaux seine Karavelle, ist Gerald Brettschuh das Pferd. „Emportez-moi“ – „Tragt mich fort in einer Karavelle“, ruft Michaux, „in einer alten sanften Karavelle /– Im Pferdegespann einer anderen Zeit.“ – „Tragt mich fort, geborgen in Küssen, / im Steigen hochatmender Brüste, / auf Kissen der Hände und weichem Lächeln, / in den Geheimgängen von Gebein und Gelenk.“ Dort, „in den Geheimgängen von Gebein und Gelenk“, fühlt sich der Künstler, und er zeichnet, malt das.
Schlüpft so in das Wesen des Kentaurs: Dieses Wesen vermittelt dem Reiter das erotische Moment in der Mensch-Tier-Beziehung, stellt das Symbol, den Archetypus für den Bezug zur ungebändigten Natur dar, nach C. G. Jung auch das für die Mutter. Das wilde Kentauren-Volk wird als in Massen auftretender, rohes Fleisch verschlingender Zwitter geschildert, der natürlich auch den Frauen nachstellte.
„Wenn sich das Pferd als Reittier unter dem Menschen befindet, symbolisiert es dessen triebhafte, unbewusste Sphäre“, sagt Marlene Baum („Das Pferd als Symbol. Zur kulturellen Bedeutung der Symbiose“,1993)
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Aktualisiert: 2020-07-22
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Meine Schwester Linde Schwarz, geboren Sieglinde Brettschuh (*1935 in Arnfels), erwarb 1979 ein altes, etwa ein Hektar großes Anwesen am Pössnitzberg, südlich von Leutschach, an Slowenien grenzend. Dort lebte sie alleine und machte daraus im Laufe der Jahre ein Gesamtkunstwerk. Zunächst war sie Gärtnerin, Köchin, Leserin, hielt Schafe, verspann deren Wolle und wurde autodidaktisch zur Weberin.
Angeregt durch den Besuch einer Matisseausstellung in Venedig begann sie, deren Schulbider bereits eine starke malerische Begabung erkennen lassen, zu malen.
Noch zu Lebzeiten planten wir, die Familie, ihre Bilder der Öffentlichkeit zu zeigen. Diese Ausstellung im Knielyhaus Leutschach ist uns Hinterbliebenen eine Angelegenheit des Herzens. (Gerald Brettschuh, August 2016)
Aktualisiert: 2019-01-02
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Aktualisiert: 2019-01-02
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Aktualisiert: 2019-01-02
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Im Haus auf der Veranda im Juni 2010 schreibe ich für dieses Bilderbuch über einen Sagenhaften. Gerade geht gegenüber der Veranda Franz Haring, Bauer und Organist in Arnfels, durch den nebeneingang in die Kirche, ein alter Mann schon. Früher oder später wird auch er, Odysseus Haring, zum Mythos werden. Wie wir alle. Alle? Arno Dennig zum Beispiel, sieben Jahrzehnte lang ist er schon auf der Reise, odyssiert durchs Leben, hütet seine Rinder, sein Haus, trinkt Wasser und Wein, lädt Freunde ein.
Morillon vom Muster und anderen Bauern aus dem hiesigen Paradies wird getrunken, gelacht wird und gesungen. Wo ist Homer?
Aktualisiert: 2019-01-02
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Die Bretter, auf denen man geht, steht, manchmal gelegen hat, die Bretter des Gartenhauses, die Stapel von Brettern in einem Sägewerk und ihr Geruch!
Aus Bäumen kommen sie, aus dem Holz.
Trägt man sogar ein Brett im Namen, wird das Wort, seine Bedeutung, wichtig für einen Holzfuß, Brettschuh, Holzschuh, Heimschuh, Wundschuh, Radschuh, Guldenschuh, Bundschuh. Ein Bund Holz zum Heizen, eine Ladung Holz, die der Knecht Finsterl mit seinem Pferdegespann (Bubi und Luca) aus dem großmütterlichen Wald an der slowenischen Grenze brachte, auf dem Wagen, der aus der ahornenen oder eschenen Konstruktion und ein paar Läden, Brettern, bestand. Die Bretter waren aus Fichte, selten sah man einen nagelneuen. Die Bretter und Läden, aber verdreckt vom Mistführen, Kuh- und Pferdemist, ausgeronnenem Most, Schweineblut, Straßenstaub, Lehm und Erde von den Wegen und Hohlwegen der alten Zeit.
Auf den Brettern, neben den Mehlsäcken, geschlafen, kurz vor Mitternacht angekommen am Hof, erwacht. Decke über den Brettern, ein Luxus.
Aktualisiert: 2019-01-02
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Aktualisiert: 2019-01-02
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Aktualisiert: 2018-07-02
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Aktualisiert: 2018-07-02
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Aktualisiert: 2019-01-02
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Mit dem vorliegenden Band gibt uns der bekannte steirische Maler Gerald Brettschuh wieder Einblicke in seine Alltags- und Künstlerwelt - in Wort und Bild. Die kurzen Prosatexte und lyrischen Miniaturen werden von ca. 20 Grafiken und Zeichnungen ergänzt.
Aktualisiert: 2021-12-30
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