Im Juni 2021 ist Esther Bejarano gestorben. Zwei Jahre zuvor hatte ich zum ersten Mal ihren Namen gehört. Mein Enkel erzählte von einer Schulveranstaltung, auf der sie von ihrem Überleben im KZ berichtete. „Sich versöhnen ohne zu vergessen“, war der Satz, den ich aus seinem Bericht in der Erinnerung behielt. Ich brauchte offensichtlich ei-nen zweiten Impuls, bis in mir der Gedanke aufbrach, dass der bewusste Umgang mit ihren Erfahrungen im Dialog mit jungen Menschen etwas mit mir als Nachkriegskind zu tun hat. Eine Überlegung von aktueller Bedeutung, die sich heute in der gesellschaftlichen Kommunikation spiegelt. Ist es im kollektiven Bewusstsein unserer Generation angekommen, dass die Erinnerung nicht verblassen darf? Ist es eine Frage der Verantwortung, das belastete Erbe der Vorfahren anzunehmen und angereichert mit neuen Erfahrungen, an die nächste Generation weiter zu geben? „Erinnern heißt handeln“ ist ein weiteres Credo aus der Biografie von Esther Bejarano.
Es ist die Generation der 50- bis 70-jährigen, die unter einem Mantel des Schweigens ihrer traumatisierten oder belasteten Eltern und Großeltern aufgewachsen ist. Das hat Lücken gelassen, in die Angst und Selbstzweifel einziehen konnten, aber auch die emotionale Kraft zum Ungehorsam und zum Widerstand. Die Erbinnen. Erzählte Spurensuche zu dritt ist der Titel einer Anthologie in drei Büchern, in denen zwölf Autorinnen in Dreiengelsspannen Geschichten erzählen. Jede Erzählung hat drei eigenständige Kapitel, die sich durch einen spontan gewählten Satz aus der Vorgeschichte kreativ miteinander verbinden. Die Spurensuche nach vererbten Erfahrungen zurückliegender Generationen, die in uns im Verborgenem wirken, ist das Thema von Buch 1: Gespenster der Vergangenheit. Konkreter und auf das eigene Erleben bezogen wird es im Buch 2: Forscherinnen in eigener Sache. Während die Autorinnen in Buch 3: Zeitzeuginnen als aktiv Beteiligte die individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen aus dem Erbe unserer Vorfahren erzählen.
Ich danke allen Autorinnen für die emotionale Kraft ihrer Erinnerungen, die Verstehen erleichtert. Mein persönliches Fazit als Leserin ist: Wenn das Schweigen zu laut ist, ist die Stimme der Versöhnung nicht zu hören.
Renate Haußmann
Aktualisiert: 2023-03-16
Autor:
Friederike Lydia Ahrens,
Marion Diehr,
Kirsten Eckmann,
Manon Haccius,
Sabine Hammer,
Karin Harries-Hedder,
Renate Haußmann (Hg),
Renate Haußmann,
Christiane Maria Luti,
Felizitas Peters,
Barbara Rossi,
Ursula Striepe,
Petra Thelen,
Birgit Weiglein
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Im Juni 2021 ist Esther Bejarano gestorben. Zwei Jahre zuvor hatte ich zum ersten Mal ihren Namen gehört. Mein Enkel erzählte von einer Schulveranstaltung, auf der sie von ihrem Überleben im KZ berichtete. „Sich versöhnen ohne zu vergessen“, war der Satz, den ich aus seinem Bericht in der Erinnerung behielt. Ich brauchte offensichtlich ei-nen zweiten Impuls, bis in mir der Gedanke aufbrach, dass der bewusste Umgang mit ihren Erfahrungen im Dialog mit jungen Menschen etwas mit mir als Nachkriegskind zu tun hat. Eine Überlegung von aktueller Bedeutung, die sich heute in der gesellschaftlichen Kommunikation spiegelt. Ist es im kollektiven Bewusstsein unserer Generation angekommen, dass die Erinnerung nicht verblassen darf? Ist es eine Frage der Verantwortung, das belastete Erbe der Vorfahren anzunehmen und angereichert mit neuen Erfahrungen, an die nächste Generation weiter zu geben? „Erinnern heißt handeln“ ist ein weiteres Credo aus der Biografie von Esther Bejarano.
Es ist die Generation der 50- bis 70-jährigen, die unter einem Mantel des Schweigens ihrer traumatisierten oder belasteten Eltern und Großeltern aufgewachsen ist. Das hat Lücken gelassen, in die Angst und Selbstzweifel einziehen konnten, aber auch die emotionale Kraft zum Ungehorsam und zum Widerstand. Die Erbinnen. Erzählte Spurensuche zu dritt ist der Titel einer Anthologie in drei Büchern, in denen zwölf Autorinnen in Dreiengelsspannen Geschichten erzählen. Jede Erzählung hat drei eigenständige Kapitel, die sich durch einen spontan gewählten Satz aus der Vorgeschichte kreativ miteinander verbinden. Die Spurensuche nach vererbten Erfahrungen zurückliegender Generationen, die in uns im Verborgenem wirken, ist das Thema von Buch 1: Gespenster der Vergangenheit. Konkreter und auf das eigene Erleben bezogen wird es im Buch 2: Forscherinnen in eigener Sache. Während die Autorinnen in Buch 3: Zeitzeuginnen als aktiv Beteiligte die individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen aus dem Erbe unserer Vorfahren erzählen.
Ich danke allen Autorinnen für die emotionale Kraft ihrer Erinnerungen, die Verstehen erleichtert. Mein persönliches Fazit als Leserin ist: Wenn das Schweigen zu laut ist, ist die Stimme der Versöhnung nicht zu hören.
Renate Haußmann
Aktualisiert: 2023-03-16
Autor:
Friederike Lydia Ahrens,
Marion Diehr,
Kirsten Eckmann,
Manon Haccius,
Sabine Hammer,
Karin Harries-Hedder,
Renate Haußmann (Hg),
Renate Haußmann,
Christiane Maria Luti,
Felizitas Peters,
Barbara Rossi,
Ursula Striepe,
Petra Thelen,
Birgit Weiglein
> findR *
Jetzt wird es spannend, denn die elf Autorinnen dieses Erzählbandes haben sich auf das Experiment des kollektiven Schreibens eingelassen. Zu dritt eine Geschichte in aufeinanderfolgenden Kapiteln zu schreiben, die schlüssig und plausibel erzählt wird, ist eine Herausforderung. Das literarische Werkzeug ist der ‚Cliffhänger‘, der den Spannungsbogen von Kapitel zu Kapitel treibt und die drei Autorinnen einer Geschichte miteinander verbindet.
In drei Büchern sind fünfzehn Erzählungen mit jeweils vier Kapiteln thematisch organisiert. Sie sind inspiriert von Beobachtungen im Alltag, von Glücksmomenten und Momenten des Scheiterns und zeigen nicht nur die Ängste und Hoffnungen ihrer Figuren, sondern auch deren Abgründe und Möglichkeiten.
Aktualisiert: 2020-10-15
Autor:
Friederike Lydia Ahrens,
Kirsten Eckmann,
Manon Haccius,
Sabine Hammer,
Karin Harries-Hedder,
Renate Haußmann (Hg),
Renate Haußmann,
Christiane Maria Luti,
Felizitas Peters,
Barbara Rossi,
Ursula Striepe,
Marie Wedel
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Jetzt wird es spannend, denn die elf Autorinnen dieses Erzählbandes haben sich auf das Experiment des kollektiven Schreibens eingelassen. Zu dritt eine Geschichte in aufeinanderfolgenden Kapiteln zu schreiben, die schlüssig und plausibel erzählt wird, ist eine Herausforderung. Das literarische Werkzeug ist der ‚Cliffhänger‘, der den Spannungsbogen von Kapitel zu Kapitel treibt und die drei Autorinnen einer Geschichte miteinander verbindet.
In drei Büchern sind fünfzehn Erzählungen mit jeweils vier Kapiteln thematisch organisiert. Sie sind inspiriert von Beobachtungen im Alltag, von Glücksmomenten und Momenten des Scheiterns und zeigen nicht nur die Ängste und Hoffnungen ihrer Figuren, sondern auch deren Abgründe und Möglichkeiten.
Aktualisiert: 2020-10-15
Autor:
Friederike Lydia Ahrens,
Kirsten Eckmann,
Manon Haccius,
Sabine Hammer,
Karin Harries-Hedder,
Renate Haußmann (Hg),
Renate Haußmann,
Christiane Maria Luti,
Felizitas Peters,
Barbara Rossi,
Ursula Striepe,
Marie Wedel
> findR *
Konzeptionelle Lyrik lebt von der Idee der Minimalisierung im Ausdruck und von der Irritation durch impulsgebende Einflüsse. Intuitiv ausgewählte Themen werden mit klassischer Dichtung in der Form vollendet. Zur Wahl stehen das Sonett, mit dem es gelingen kann in vier Versen eine Geschichte zu erzählen; die Ode, die mit einer feierlichen und erhabenen Sprache Raum für Sarkasmus und Ironie zulässt; und das Pantum, das mit der Wiederholung von Zeilen spielt und dabei nicht nur den Sinn ändert, sondern auch den Inhalt in neue Richtungen treibt. Die Form schafft Ordnung im Schwall der Worte und erzeugt den Rhythmus zur Entfaltung von Dramatik.
Es sind immer drei Autorinnen, die sich die Bälle zuwerfen und von der Vielfalt in diesem Spiel profitieren. Das ist der Rahmen für die poetische Kommunikation im Trialog, die sich durch die Anerkennung unterschiedlicher Wahrheiten befruchtet, sich mit individuellen Werten und Erfahrungen anreichert und dann eine unverkennbare Stimme zum Klingen bringt.
Damit kein Ton verloren geht, werden Worte eingefangen und geformt, die den Autorinnen überraschende Räume öffnen und den Leserinnen und Lesern eine dreidimensionale Sicht ermöglichen.
Aktualisiert: 2020-07-01
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Konzeptionelle Lyrik lebt von der Idee der Minimalisierung im Ausdruck und von der Irritation durch impulsgebende Einflüsse. Intuitiv ausgewählte Themen werden mit klassischer Dichtung in der Form vollendet. Zur Wahl stehen das Sonett, mit dem es gelingen kann in vier Versen eine Geschichte zu erzählen; die Ode, die mit einer feierlichen und erhabenen Sprache Raum für Sarkasmus und Ironie zulässt; und das Pantum, das mit der Wiederholung von Zeilen spielt und dabei nicht nur den Sinn ändert, sondern auch den Inhalt in neue Richtungen treibt. Die Form schafft Ordnung im Schwall der Worte und erzeugt den Rhythmus zur Entfaltung von Dramatik.
Es sind immer drei Autorinnen, die sich die Bälle zuwerfen und von der Vielfalt in diesem Spiel profitieren. Das ist der Rahmen für die poetische Kommunikation im Trialog, die sich durch die Anerkennung unterschiedlicher Wahrheiten befruchtet, sich mit individuellen Werten und Erfahrungen anreichert und dann eine unverkennbare Stimme zum Klingen bringt.
Damit kein Ton verloren geht, werden Worte eingefangen und geformt, die den Autorinnen überraschende Räume öffnen und den Leserinnen und Lesern eine dreidimensionale Sicht ermöglichen.
Aktualisiert: 2020-02-15
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