Nicht weniger als die Verdrängung des Todes selbst scheint heute die Klage darüber und der wohlfeile Ruf nach einer neuen ars moriendi zur Plattitüde geronnen zu sein. Leben wir nicht längst in einer »Kultur des Todes«, wie sie Johannes Paul II. 1995 in seiner Enzyklika Evangelium vitae diagnostizierte?Der Tod scheint in der Mitte der Gesellschaft angekommen, aus der einem tagtäglich das Schwadronieren der Ethiker und Technokraten über ein vorgeblich »selbstbestimmtes Sterben«, einen »würdevollen Tod« und die medizinisch-gesellschaftliche Optimierung der »Sterbehilfe« entgegenschallt. Ob das morbide Denken in dieser Lage Symptom, Notlösung oder eine Möglichkeit ist, den Tod als Sehnsuchtsgestalt, als Moment der ultimativen Subversion und als großes »Leinenlos« wiederzugewinnen, bleibt eine offene Frage. Klar ist nur: Das morbide Denken widerstrebt der ethischen Instrumentalisierung. Es hilft nicht, den Tod zu bewältigen, sondern fädelt sich in die Hinfälligkeit der menschlichen Existenz ein. Deshalb gebärdet es sich eher erotisch als weisheitlich. Es ist keine Lebenskunst, sondern eine Leidenschaft.
Aktualisiert: 2023-04-24
Autor:
Gerd Bergfleth,
Andreas Fliedner,
Siegfried Gerlich,
Martin Grütter,
Christoph Janik,
Kveta Kazmukova,
Bettina Klix,
Martin Knechtges,
Brigitte Sändig,
Wolfgang Saur,
Jörg Schenuit,
Martin Warnach,
Sebastian Wohlfarth,
Wulf Zimmermann
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Aus der Fülle der Wagner-Literatur ragt das vorliegende Buch durch seinen ungewohnten Zugriff heraus: Wiewohl von einem professionellen Musiker verfaßt, sucht es den Schlüssel zum besseren Verständnis des Ausnahme-Komponisten weniger in dessen Opernwerk als in seinen theoretischen Schriften, die Siegfried Gerlich sich nicht scheut, als "philosophische" bzw. "phänomenologische" zu bezeichnen.
Adornos Diktum aufgreifend, daß in der Welt immer nur so viel Musik wie Christentum anzutreffen sei, rekapituliert der Autor Richard Wagners intellektuelle Odyssee vom frühen Revoluzzertum auf der Barrikade bis hin zur späten Kunstreligion. Dabei modifiziert der Autor das Klischee vom Judenhasser Wagner durch einen sorgfältigen Vergleich mit den Positionen Friedrich Nietzsches und Eugen Dührings, deren radikaler Antisemitismus bereits auf den Nationalsozialismus vorausweist.
Überzeugend weist Gerlich nach, daß Wagner, bei allen biographischen Schwankungen, durchgängig an der idealistischen Bestimmung Deutschlands als ethisch anspruchsvoller Sprachgemeinschaft statt als ethnisch beschränkter Volksgemeinschaft festhält. Kein Machtstaat mit imperialen Ambitionen, sondern eine Kulturnation mit einer ästhetischen Religion stand ihm vor Augen. In dieser Perspektive fällt schließlich auch auf Wagners Beziehungen zu König Ludwig II. und Bismarck ein neues Licht.
Siegfried Gerlich, 1967, hat Philosophie und Musikwissenschaft studiert und lebt als freier Publizität und Pianist in Hamburg.
,Ich bin nicht auf den Rang der Tagespatrioten zu zählen, denn was einer unter den jetzigen deutschen Verhältnissen leiden kann, das leide ich, ich hänge gleichsam am Kreuze des deutschen Gedankens.'
Richard Wagner
Aktualisiert: 2020-01-31
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Nicht weniger als die Verdrängung des Todes selbst scheint heute die Klage darüber und der wohlfeile Ruf nach einer neuen ars moriendi zur Plattitüde geronnen zu sein. Leben wir nicht längst in einer »Kultur des Todes«, wie sie Johannes Paul II. 1995 in seiner Enzyklika Evangelium vitae diagnostizierte?Der Tod scheint in der Mitte der Gesellschaft angekommen, aus der einem tagtäglich das Schwadronieren der Ethiker und Technokraten über ein vorgeblich »selbstbestimmtes Sterben«, einen »würdevollen Tod« und die medizinisch-gesellschaftliche Optimierung der »Sterbehilfe« entgegenschallt. Ob das morbide Denken in dieser Lage Symptom, Notlösung oder eine Möglichkeit ist, den Tod als Sehnsuchtsgestalt, als Moment der ultimativen Subversion und als großes »Leinenlos« wiederzugewinnen, bleibt eine offene Frage. Klar ist nur: Das morbide Denken widerstrebt der ethischen Instrumentalisierung. Es hilft nicht, den Tod zu bewältigen, sondern fädelt sich in die Hinfälligkeit der menschlichen Existenz ein. Deshalb gebärdet es sich eher erotisch als weisheitlich. Es ist keine Lebenskunst, sondern eine Leidenschaft.
Aktualisiert: 2023-04-24
Autor:
Gerd Bergfleth,
Andreas Fliedner,
Siegfried Gerlich,
Martin Grütter,
Christoph Janik,
Kveta Kazmukova,
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Brigitte Sändig,
Wolfgang Saur,
Jörg Schenuit,
Martin Warnach,
Sebastian Wohlfarth,
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Psychoanalyse als Philosophie und vice versa – unter den Auspizien poststrukturalistischen Denkens eine paranoische Verschlingung ohne Ende? Tatsächlich führen diese paralacanschen Studien auf dem Wege einer philosophischen Transformation der Psychoanalyse hinein in ein hoffnungslos immanenzverstricktes Denkdickicht, nicht indessen, um darin heroisch-diskurspolizeilich wiederum Ordnung zu schaffen, vielmehr um dem rationalitätskonstitutiven Ordnungsbegehren selber dessen unauflösliche Verdrängungsknoten in blutiger Mimikry vorzuhalten. Muss sich dabei die Schlinge schon um die einem rückschlägigen double-bind erliegende hermeneutische Psychoanalyse zuziehen, so gewinnt doch auch deren grammatologische Fortschreibung keine Luft zum Atmen, die sich nicht restlos aufbrauchte in der pathognostischen Einsicht in die notorisch gewaltverstellte Schuld- und Opfergenealogie dieses nichts als ontologischen Unbewussten selber.
Aktualisiert: 2022-01-14
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Wie ein erratischer Block ragt Noltes Werk in die eingeebnete Landschaft der deutschen Geschichtswissenschaft. Nolte durchdrang philosophisch die Epoche des Faschismus, wurde im Historikerstreit denunziert, aber nicht widerlegt und gilt international als einer der großen Denker mit weiter Perspektive und strengem wissenschaftlichem Standard.
Siegfried Gerlich setzt bei der Biographie Noltes ein und zeichnet in der fundamentalen Auseinandersetzung mit seinem Gesamtwerk das Portrait eines Geschichtsdenkers.
Aktualisiert: 2022-04-06
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