In der bisherigen Forschung zum nationalsozialistischen ,Groß-Wien‘ wurden die Monumentalplanungen, die Siedlungsplanung und einige der Infrastrukturvorhaben zum Teil ausführlich thematisiert.Allein dass sich diese Projekte der NS-Raumpolitik zu einem Großangriff auf die gewachsene Stadtstruktur zusammenfügen sollten, war in dieser Totalität bisher nur unzureichend dokumentiert: NS-Raumordner und -Stadtplaner wollten große Teile des dichten gründerzeitlichen Stadtraums abreißen, Wien als von Grünflächen dominierte ,Stadtlandschaft‘ neu anlegen. Die technokratisch begründete Umwertung und Umverteilung des Stadtraumes blieb aber in letzter Instanz ‚rassisch‘ – also rassistisch – motiviert.Die Autoren beschreiben, wie die Stadtplanung nach dem ‚Anschluss‘, eingepfercht zwischen den Postulaten der NS-Raumordnung, den Phantasmen der Monumentalplaner, den großspurigen Ankündigungen des Göring’schen Vierjahresplanes, den Forderungen der Militärs sowie den technokratischen Ansprüchen entlang der Ziele der NS-Ideologie agierte, nicht zuletzt im Verbund mit jenen akademischen Eliten, die bereits lange vor 1938 NS-konforme Leitbilder entwickelt hatten.Die von der NS-Raumordnung geforderte „aufgelockerte, entmischte und autogerechte Stadt“ blieb noch im Wiederaufbau herrschende Ideologie.
Aktualisiert: 2020-10-12
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Kneissls Gabe der Registrierung, der Beschreibung feinster Nuancen und Verhaltensmuster im Alltagsleben, im Ballett der öffentlichen und privaten Raumnutzungen, in den grotesken Powerplays von Politik und Medien, in den beruflichen Kämpfen und flottierenden Ideologien, all das fand bei ihm im fortschreitenden Alter ein ihm adäquateres Feld in Texten, in Studien und Wettbewerbskonzepten und konzentrierte sich mehr und mehr im literarischen Bereich. Neben immer noch gültigen Beiträgen in Fachjournalen fand sein Architektur-Roman viel Anerkennung in Literaturkreisen. Kneissls Schreiben bot ein skurriles, hellsichtiges, surreal wahrhaftiges Sittenbild unserer Zeit – aus der Perspektive seines beruflichen Milieus; eine narrativ locker verbundene Montage dispersester Wirklichkeits-Zitate. (Otto Kapfinger)
Aktualisiert: 2023-01-31
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Dieses umfangreiche Buch widmet sich dem Wiener Baugeschehen während des Nationalsozialismus. Mit der Schaffung Gross-Wiens stieg die Donaumetropole nach Berlin zur zweitgrössten Stadt des Reichs auf. Räumliche Leitbilder wurden entwickelt und Wiens geopolitische Rolle im Reich definiert. Eine Vielzahl von Planungen war die Folge, von Projekten monumentaler Stadtteile bis hin zu Einzelbauten ebenso wie Infrastruktur-, Industrie- und Bebauungskonzepte. Architektur und Städtebau wurden für die aggressive Expansionspolitik des NS-Regimes instrumentalisiert.
Die hier erstmals präsentierte Bau- und Planungstätigkeit für Wien im Dritten Reich ermöglicht die Analyse von Bauwerken im Zusammenhang mit den Zielen des NS-Regimes. Dabei wird auch dem verbreiteten Mythos nachgegangen, Wien habe im Planungsgeschehen des nationalsozialistischen Staats keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Das Buch verdeutlicht zudem, wie Dezentralisierung mit dem Ziel der Hinwendung zur Stadtlandschaft die aufgelockerte und autogerechte Stadt nach 1945 vorwegnimmt und verweist auf Kontinuitäten innerhalb der Planungen über das Kriegsende hinaus.
Aktualisiert: 2019-01-03
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Der Autor tritt vor das Gründerzeithaus, in dem er schon lange wohnt, das seit Jahren umgebaut wird, die Mieter in Mitleidenschaft zieht. Ein Hausumbau ist meist kein singuläres Ereignis, sondern weist über sich hinaus – auf die Gasse, auf das Viertel … in die Zukunft. In Wien zeigen sich Veränderungen und Verschleiß in einem neuen Tempo. Das bisher Selbstverständliche, die Ästhetik der gründerzeitlichen Bebauung, wird zum Besonderen.
Für Gottfried Pirhofer führt der Weg aus seiner Gasse in die Mariahilfer Straße, der man nicht ansieht, wie alt sie als Weg ist und dass sie eigentlich einen Höhenrücken markiert. Unbekümmert um Zeiten und Moden geht sie ihren Weg. Unbekümmert?
Was zeigt sich beim Gehen und Schauen? Haben Gebäude und Räume eine 'natürliche Lebenszeit'? Was wird Wien sein, wenn man Abbruch und Umbau beschleunigt? Im Versuch, eine Sprache zu finden, die den Veränderungen der Stadt entspricht und ihre Substanz bewahren möchte, wenn sich die Veränderungen schon nicht aufhalten lassen, findet der Gehende sein Mantra: Das Haus muss einem über dem Kopf zusammenfallen, damit man auf die Straße geht. Und: Die Stadt muss durch einen hindurchgehen, damit man ihre Verwundbarkeit spürt … damit das Gehen zu etwas führt.
Der Stadtplaner und Stadtforscher hat mit Maria hilf! ein ganz persönliches, literarisches Buch über sein Grätzel, sein Revier, geschrieben; andererseits ein politisches Bekenntnis, das weit über den 6. Wiener Gemeindebezirk hinausgeht und als pars pro toto für die ganze Stadt gilt – eine Stadt, die ihre eigene Zeit und Poetik hat, älter als der Kapitalismus und die von ihm imprägnierte Gesellschaft, in Eigenarten und Eigenzeiten, die unwiederbringlich sind. Maria hilf!
Die immer wieder eingestreuten Zitate sind mehr als Referenzen und historische Quellen. Pirhofer tritt so in einen Dialog mit unterschiedlichen Autoren wie Alfred Polgar, Friederike Mayröcker, Friedrich Achleitner oder Adolf Krischanitz. Auf diese Weise entsteht das Mosaik einer Stadtgeschichte, die gleichsam begehbar wird.
Aktualisiert: 2023-03-07
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