„Viele werden nach uns die Wachau durchreisen und durchwandern, sie ist ja nachgerade in die Mode gekommen und wer weiß, was die neue Zeit […] ihr für eine neue Blüte bringen mag. Viele noch wird sie entzücken, Unzählige werden sie loben und preisen. Was aber ihren feinsten, tiefsten Zauber ausmachte, was so zart und unfaßbar daran war, wie der Farbenschmelz auf Schmetterlingsflügeln, das werden sie sicher niemals schauen und kopfschüttelnd unsere Liebe, mit der die ihre nur wenig gemein hat, kaum begreifen und verstehen.“
(, 1919)
Die Bedeutung der Künstlerschaft für die „Entdeckung“ und Bewerbung der Wachau sowie für die Bewahrung der Schönheit ihres Kultur- und Naturraumes ist evident. Künstlerinnen und Künstler waren in gewisser Weise Künderinnen und Propheten, deren „Ansichten“ wahrgenommen wurden. Ihnen ist es mit zu verdanken, dass der Denkmal- und Heimatschutzgedanke erblühte und Früchte tragen konnte, und dies noch lange vor dem Beschluss für ein österreichisches Denkmalschutzgesetz, der erst im Jahr 1923 zustande kam. Der Aufschwung der Wachau zur Fremdenverkehrsregion und das mit den Erneuerungsbestrebungen verbundene Tempo stellten für die Landschaft und den gewachsenen Baubestand eine besondere Bedrohung dar. Der Einzug der Moderne stand oft in Verbindung mit Willkür, der es Einhalt zu gebieten galt. Noch war es ein weiter Weg für die Wachau zum Vorzeigeprojekt des Denkmalschutzgedankens in Österreich, doch die ersten Schritte waren getan.
Unsere Publikation greift das Thema auf und dreht – passend zum Jubiläum „100 Jahre Niederösterreich“ – die Zeit zurück. Wir begeben uns auf die Spuren Maximilian Suppantschitschs, eines der gefragtesten Wachaumaler seiner Zeit, der nicht nur Künder und Prophet, sondern auch detailverliebter Beobachter und Registrar war. Suppantschitsch hatte lange schon sein Herz an diese Landschaft an der Donau verloren, von der er stets behauptete, dass „sie das schönste und größte Erlebnis seiner Tage“ bleibe. Etwa ab Mitte der 1920er-Jahre trug er sich sogar mit dem Gedanken, einen illustrierten Band über die Wachau und ihre Baukultur herauszugeben. Suppantschitschs Sammlung von Studien und Detailskizzen, die er seit Jahrzehnten zusammengetragen hatte, stand wohl im Zentrum des Buchprojekts. Er hatte auch schon einen Titel dafür ins Auge gefasst: „Wachau Wanderbüchlein“, doch sollte es ein Vorhaben bleiben. Als der Schriftsteller Josef Weinheber 1935 in der Zeitschrift „Der getreue Eckart“, im Sinne einer Würdigung Maximilian Suppantschitschs, der seinen 70. Geburtstag feierte, einen mit dessen Skizzen illustrierten Beitrag veröffentlichte, war das „Wanderbüchlein“-Projekt möglicherweise schon ad acta gelegt. Die Art des Zusammenspiels von Zeichnung und Text, erschienen unter dem Titel „Wachauer Bauphantasie“, gibt aber vielleicht einen Eindruck davon, wie Suppantschitsch sein „Wanderbüchlein“ ursprünglich intendiert hatte. Aus diesem Grund wurde auch in dem nun vorliegenden Band, sozusagen zur „Einstimmung“, Weinhebers Text mit den in den Landessammlungen Niederösterreich im Original erhaltenen Illustrationen wiedergegeben. […]
Die Einzelskizzen aus Suppantschitschs „kulturhistorischer Wachaumappe“ wurden für dieses Buch systematisch nach Motivgruppen geordnet und innerhalb der sich daraus ergebenden vierzehn Themenbereiche, soweit m glich und sinnvoll, alphabetisch nach Orten gereiht. Auf diese Weise entstanden repräsentative Überblicke zu den regionaltypischen Charakteristika anonymer profaner wie auch sakraler Architektur, zu Denkmalskultur, Handwerkskunst o. Ä. – nicht nur für das Donautal der Wachau, sondern auch für angrenzende Gegenden, wobei selbstverständlich, durch die Lebensumstände des Künstlers bedingt, ein Schwerpunkt auf das Städtchen Dürnstein und dessen nähere Umgebung gelegt wird. […]
Das „Wachau Wanderbüchlein“ ist in der nun präsentierten Form zweifellos ein wenig anders geraten, als sich der Künstler das wohl hätte träumen lassen. Den Bildkapiteln wurden einleitende Texte, teilweise mit zeitgenössischen Textpassagen, vorangestellt, nicht zuletzt mit dem Ziel, auch den Geist der Zeit und Suppantschitschs Prägung zum Ausdruck zu bringen. Dabei dienen die Bilder nicht, wie etwa bei Weinheber, der Illustration. Sie selbst sind das Thema. Die Wertigkeit von Suppantschitschs Skizzensammlung als zeichnerische Bestandserfassung dessen, was die Wachau im Eigentlichen ausmacht, ist nichts weniger als die eines „Breviers“ – einerseits in Hinblick auf ihre Bedeutung für den Künstler selbst, als einen glühenden Verehrer der Wachau, andererseits zweifellos auch für all jene, die die Absicht haben, den Sinn für das Ursprüngliche zu bewahren und zu schärfen.
( im Vorwort)
Aktualisiert: 2023-02-09
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Doch am eindringlichsten wirkt die Sehweise des Malers auf uns: jenes liebevolle Entdecken der verborgenen Schönheit, das uns die Augen öffnet, das zum Verweilen einlädt und in dieser Besinnung Neues zu bewirken vermag. Wir selber werden angesprochen und inspiriert.
Max Suppantschitsch wurde 1933 mit dem Professorentitel ausgezeichnet, er ist der ‚Wachau-Professor‘, ein Bekenner ihrer Schönheit.“
(, 1978)
Er reiste nach Italien, besuchte die mittelalterlichen Städte Süddeutschlands, doch kehrte er immer wieder in seine künstlerische Heimat, in das sonnige Donauland der Wachau, zurück – Maximilian Suppantschitsch, den Rupert Feuchtmüller einst zu Recht als „den Wachau-Professor“ bezeichnete. Einen Eindruck von der Wachau erhielt Suppantschitsch erstmals 1886 als junger Kunststudent. Zwei Jahre später lernte er auch Dürnstein, „die Perle der Wachau“, kennen. Bald bezog er hier sein ständiges Sommerquartier und in späteren Jahren erwarb er hier sogar einen Weingarten, den er selbst bestellte. Als Ehrenbürger der Stadt verbrachte er in Dürnstein schließlich auch seinen Lebensabend. Suppantschitsch, der familiär ungebunden war, warb mit seinem künstlerischen Schaffen, wie kaum jemand anderes, für die Wachau und erwarb sich selbst und seiner Kunst dadurch einen großen Freundeskreis. Nahezu 65 Jahre der Auseinandersetzung mit den landschaftlichen Schönheiten des Donautales brachten ein schier unüberschaubares Lebenswerk hervor.
Es sind in erster Linie die Freunde der Wachau, die die Erinnerung an den Künstler hochhalten und die dafür verantwortlich sind, dass seine Werke auch am Kunstmarkt die ihm zustehende Wertschätzung erfahren. Manch eine oder einer aus der älteren Generation erinnert sich vielleicht noch an den älteren Herrn mit spärlichem Haupthaar und Spitzbart, klein von Statur, mit Havelock bekleidet und den Skizzenblock in der Hand, oder an gemeinsame Stunden am Künstlerstammtisch im Gasthaus „Zum Richard Löwenherz“, wo Suppantschitsch das ungekrönte Oberhaupt war. Vor wenigen Jahren konnte umfangreiches dokumentarisches Material zu Leben und Werk des Künstlers für die Landessammlungen Niederösterreich erworben werden und somit die Grundlage für diese erste umfassende monografische Würdigung.
( im Vorwort)
Aktualisiert: 2021-11-23
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