Urzustand und Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- und Staatstheorie

Urzustand und Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- und Staatstheorie von Prinz,  Friedrich, Töpfer,  Bernhard
Ausgangspunkt dieser bis in das ausgehende 14. Jahrhundert führenden Darstellung ist die bereits von patristischen Autoren (in Anknüpfung an die antike Tradition vom Goldenen Zeitalter) entwickelte Vorstellung, daß es im paradiesischen Zustand keine Eigentumsrechte, keine staatliche Zwangsgewalt und keine Unfreiheit gegeben habe; erst in der Zeit nach dem Sündenfall seien diese Einrichtungen zur Zügelung der verderbten Menschen notwendig geworden. Zugleich wurden jedoch die ursprüngliche Freiheit bzw. Gleichheit der Menschen und die gemeinsame Nutzung aller irdischen Güter als Normen des stets gültigen Naturrechts aufgefaßt. Deshalb war für die spätantiken Theologen und für die meist der Geistlichkeit angehörenden mittelalterlichen Autoren der Übergang von der ursprünglichen, der wahren Natur des Menschen entsprechenden Freiheit und Gemeinsamkeit zu den nach dem Sündenfall gültigen Herrschafts- und Eigentumsverhältnissen ein Problem, das einer genaueren Erklärung bedurfte. Im Prinzip wurde der dargestellte einschneidende Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse im Gefolge des Sündenfalls als notwendig und der göttlichen Vorsehung entsprechend anerkannt. Die in der vorliegenden Untersuchung behandelten Autoren von theologischen Schriften, kirchenpolitischen Streitschriften, juristischen Traktaten, Fürstenspiegeln und volkssprachigen Lehrdichtungen haben jedoch in teilweise heftiger gegenseitiger Polemik sehr unterschiedlich argumentiert. So konnte die staatliche Ordnung als Folge von Herrschsucht - etwa Nimrods - kritisch oder aber als Ordnungsfaktor für die sündigen Menschen positiv bewertet werden. Eigentum galt teils als Ergebnis von Ungerechtigkeit, teils als dem Naturrecht nach dem Sündenfall entsprechende nützliche Einrichtung zur Eindämmung von Streitigkeiten. Die Unfreiheit wurde als von Gott verhängte Sündenstrafe zunächst meist akzeptiert; jedoch seit dem 13. Jahrhundert - beginnend mit Eike von Repgow - mehren sich die Stimmen, welche die Leibeigenschaft in der Zeit nach der Erlösungstat Christi als dem göttlichen Recht widersprechend verwerfen.Es ist das Anliegen des Autors, die durch unterschiedliche Interessenlage und Parteinahme bedingte, teilweise ins Grundsätzliche gehende Unterschiedlichkeit der Argumentation bei Theologen - von Augutin über Thomas von Aquino und Ockham bis Wyclif -, in volkssprachigen Schriften - etwa des Jacob van Maerlant, des Jean de Meun oder des Verfassers des Renart le Contrefait - und nicht zuletzt anhand der Predigt John Balls zu verdeutlichen. Ein nur bei oberflächlicher Betrachtung stereotyp erscheinendes Grundschema - Ablösung eines ursprünglichen Idealzustandes durch ein ungleiche Gesellschaft mit Zwang und Privateigentum im Gefolge des Sündenfalls - erscheint damit in einem überaus vielfarbigen Spektrum. Historisch, philosophisch und theologisch Interessierten wird so ein quellennaher und differenzierter Einblick in die lebhafte mittelalterliche Diskussion zu Grundfragen der Gesellschafts- und Staatstheorie vermittelt.Ein ausführliches, mehrteiliges Register erschließt den Inhalt des Bandes. Das Sachregister verweist zugleich auf die Autoren, die sich zum Gegenstand geäußert haben. Neben dem Personenregister ist ein Verzeichnis biblischer Gestalten besonders aufschlußreich, da die Rolle einiger derselben - etwa Kains, Noahs, Sauls und Nimrods - bei der Herausbildung der staatlichen Gewalt, der Unfreiheit und der Eigentumsrechte in zahlreichen Schriften intensiv diskutiert wurde.
Aktualisiert: 2022-11-14
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