Zensur und Selbstzensur in Wissenschaft, Literatur und Künsten in der Neuzeit bis zur Gegenwart

Zensur und Selbstzensur in Wissenschaft, Literatur und Künsten in der Neuzeit bis zur Gegenwart von Frigo,  Gian Franco, von Engelhardt,  Dietrich
Zensur und Selbstzensur gibt es seit der Antike bis in die Gegenwart. Formen, Motive und Auswirkungen sind vielfältig und ambivalent. Immer wieder werden Freiheit und Autonomie von Kunst und Wissenschaft bedroht und eingeschränkt, nicht nur in Diktaturen, sondern ebenfalls in Demokratien. Zugleich können Zensur und Selbstzensur der Rechtsordnung, sozialen Sicherheit und dem Schutz des einzelnen Menschen wie auch der Verbreitung künstlerischer und wissenschaftlicher Leistungen dienen. Unterschiede zeigen sich zwischen den verschiedenen Künsten und Wissenschaften, besonders zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften. Der Begriff Zensur (lateinisch „censura“) geht auf die römischrepublikanische Magistratur zurück, die über die Sittlichkeit und die Erhaltung der Tradition wachen sollte. Schon zu Beginn zeigen sich positive und negative Aspekte und Funktionen der Zensur. Seit der Spätantike kommt es zu kirchlichen Verboten und öffentlichen Verbrennungen von Büchern. Entscheidendes Instrument der Zensur wird bis zu seiner offiziellen Abschaffung im Jahre 1966 der Index Librorum Prohibitorum von 1559 – mit abweichenden Folgen für Wissenschaften, Künste und Politik. Zensur hat unterschiedliche Bedeutung und besitzt mehrere Dimensionen: Vorzensur und Nachzensur, totale und partielle, formelle und informelle Zensur, direkte und indirekte oder offene und verdeckte Zensur, alters-, geschlechts-, berufs- und disziplinenbezogene Zensur, politische, ethische und juristische Zensur. Von Kirchen und religiösen Bewegungen, Regierungen, Parteien, Akademien, Universitäten und Schulen wie ebenfalls von Medien, Verlagen, Bibliotheken und der Öffentlichkeit wird Zensur ausgeübt. Selbstzensur, die ebenfalls verschiedene Dimensionen und Typen hat und schwerer als die Zensur zu erfassen ist, führen Wissenschaftler und Künstler, auch Verleger, Redakteure von Zeitschriften und Regisseure von sich aus oder auf äußeren Druck durch. Selbstzensur erfolgt in Übersetzungen, im Verzicht auf Veröffentlichung, in Streichungen und Ergänzungen von Textpassagen, in Veränderungen von Theaterstücken. Zensur und Selbstzensur prägen weiterhin und weltweit Künste, Wissenschaften und Politik, soziales und individuelles Leben. Eingriffe in die akademische Freiheit haben auch in westlichen Ländern in den letzten Jahren zugenommen und bedrohen immer wieder die Freiheit der Forschung und künstlerischen Kreativität. Bibliotheken werden der politischen und moralischen Zensur unterworfen, geschlechtergerechte Literaturlisten für Seminare an Universitäten gefordert, Vertreter extremer und brisanter Positionen zu Vorträgen – auf Grund von Protesten engagierter Minderheiten – nicht zugelassen, belastende Themen der Wirklichkeit und wissenschaftliche Wahrheiten im universitären Unterricht in bestimmten Disziplinen vermieden, Präsentationen von Kunstwerken und Verbreitung literarischer und wissenschaftlicher Werke wie politisches und religiöses Engagement behindert. Zensur und Selbstzensur sind zugleich notwendig; es kommt aber auf sorgfältige Grenzziehungen und überlegte Einschränkungen oder Verbote an. Aufrufe zur Vernichtung bestimmter Religionen und Rassen müssen verfolgt werden, Kinder und Jugendliche vor grausamen und pornographischen Darstellungen in Film, Fernsehen und Büchern geschützt, aggressives und diskriminierendes Mobbing sozial und juristisch sanktioniert werden; bei Gerichtsverhandlungen ist in bestimmten Fällen die Öffentlichkeit auszuschließen; medizinische Forschung ist frei und muss zugleich die Gesetze der verschiedenen Länder und internationale Regelungen (Deklarationen Helsinki 1964 und Tokio 1975) beachten. Das Symposium Zensur und Selbstzensur in Wissenschaft, Literatur und Künsten der Neuzeit bis zur Gegenwart, das an der bedeutenden Universität Padua in der ehrwürdigen Sala delle Edicole des Palazzo del Capitanio vom 21.-23. September 2018 unter der organisatorischen Leitung der Herausgeber dieses Sammelbandes stattfand, konnte nur beispielhaft einige zentrale Dimensionen und Hintergründe dieses komplexen und wichtigen Themas aus der Sicht verschiedener Disziplinen und Künste, Wissenschaftler und Künstler behandeln. Dietrich V. ENGELHARDT (Karlsruhe) – Gian Franco FRIGO (Padova) September 2019
Aktualisiert: 2020-07-10
> findR *

Padua als Europäisches Wissenschaftszentrum von der Renaissance bis zur Aufklärung

Padua als Europäisches Wissenschaftszentrum von der Renaissance bis zur Aufklärung von Frigo,  Gian Franco, von Engelhardt,  Dietrich
„Padua als Europäisches Wissenschafts- und Kulturzentrum von der Renaissance bis zur Aufklärung“ war das Thema einer Gemeinschaftstagung der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt und der Università degli Studi di Padova, Dipartimento di Filosofía, Pedagogia e Psicologia Applicata, die vom 2.-4. Oktober in Padua unter der Leitung von Dietrich V. ENGELHARDT (Lübeck/Karlsruhe) und Gian Franco FRIGO (Padua) im Zentrum der Stadt in der Sala delle Edicole des Palazzo Capitanio aus dem 16. Jahrhundert stattfand. Die Tagung würdigte mit den Vorträgen und Diskussionen an diesem Ort eine der bedeutendsten kulturellen Institutionen Europas: die Universität Padua, die 1222 – nach der Tradition – von einer Gruppe von Studenten und Professoren aus Bologna gegründet wurde, die nach mehr Freiheit in der Organisation ihres Studiums und ihrer Lebensführung verlangten: eine Freiheit, die ihnen und den Professoren von der mittelalterlichen Kommune und seit 1405 von der Republik Venedigs gewährleistet wurde und im Motto universa universis patavina libertas (allen alle Freiheit Paduas) einen verheißungsvollen und zugleich verpflichtenden Ausdruck gefunden hat. Auch wegen dieser Lern- und Lehrfreiheit entwickelte sich die junge Institution zu einem attraktiven Pol für viele Studenten jenseits der Alpen, besonders aus dem deutschsprachigen Raum, aber beträchtliche Gruppen kamen auch aus England oder den Niederlanden. Die Vorteile, die Padua zu einer der wesentlichen Etappen der peregrinatio academica für ausländische Studenten werden ließ, waren der geographische Ort am Fuß der Euganeischen Hügel und Ufer der Brenta, die Berühmtheit seiner antiken Monumente, die Präsenz monastischer Institutionen (studia theologica) mit ihren reichen Bibliotheken. Besonders entscheidend für die wissenschaftliche Entwicklung des Gymnasium Patavinum war die averroistische Interpretation der naturwissenschaftlichen Texte von Aristoteles - eine Tradition bis in die Epoche der Renaissance mit wichtigen Auswirkungen und Initiativen in der kommenden Zeit nicht nur in der Logik (Jacobo ZABARELLA) und Metaphysik (Pietro POMPONAZZI), sondern ebenfalls und vor allem in den Naturwissenschaften (Astronomie, Botanik, Zoologie) und der Medizin (Anatomie, Pathologie, Klinischer Unterricht), für die repräsentativ Galileo GALILEI, Fabrici D’ACQUAPENDENTE, Andreas VESAL, Giovanni DA MONTE, William HARVEY, Giovanni MARSILI, Antonio VALLISNERI, Bernardino RAMAZZINI, Giovanni Battista MORGAGNI genannt seien. Die Entwicklung verlief im 17. und 18. Jahrhundert abweichend für die verschiedenen naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen, was dann auch in jener Zeit zu kontroversen Urteilen über das Niveau der Paduaner Universität führte. Wissenschaftliche Publikationen aus dem Ausland wurden von den Bibliotheken in Padua angeschafft, umgekehrt fanden auch im Ausland Forschungsstudien aus Padua Beachtung; einschränkend für diese internationale Verbundenheit wirkten sich allerdings die Sprachgrenzen in den Zeiten aus, in denen Latein nicht mehr die allgemeine und verbindende Wissenschaftssprache war. Padua wurde von Forschern aus verschiedenen Ländern wiederholt in den Jahrhunderten der Neuzeit aufgesucht, wie ebenfalls Forscher aus Padua Reisen in andere Wissenschaftsländer unternahmen und so zur internationalen Verbundenheit beitrugen. Mit dem 19. Jahrhundert begannen dann auch in Italien und Padua die internationalen Kongresse. Die vierzehn Beiträge dieser gut besuchten 12. Tagung der Projektgruppe Europäische Wissenschaftsbeziehungen der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt lassen sich sinnvoll in drei Gruppen gliedern: Entwicklung und Bedingungen des Studiums, internationale wissenschaftliche Kontakte und Forschungen, kulturelle Zeugnisse und Initiativen. Neben übergreifenden Darstellungen standen konkrete Detailstudien, neben interdisziplinären Betrachtungen disziplinäre Analysen. Organisatoren und Vortragenden war stets bewusst, dass bei diesem weitgespannten Thema nur paradigmatische Schwerpunkte gesetzt werden konnten, die nach Erweiterung und Vertiefung verlangen, nach komparativen Referaten bisheriger Forschungen auf diesem Gebiet, allgemein und speziell im Blick auf Padua. Insgesamt wurde in den Vorträgen und Diskussionen die vor allem naturwissenschaftlich-medizinische wie ebenfalls kulturelle Verbundenheit Paduas mit Europa manifest. Beeindruckt waren Vortragende und Zuhörer von der Inschrift an der Wand der Sala delle Edicole des Symposiums: „homo tantum potest quantum scit“, eine stimulierende Vorwegnahme von Francis BACONs berühmter Devise: „knowledge is power“.
Aktualisiert: 2020-12-08
> findR *
MEHR ANZEIGEN

Bücher von von Engelhardt, Dietrich

Sie suchen ein Buch oder Publikation vonvon Engelhardt, Dietrich ? Bei Buch findr finden Sie alle Bücher von Engelhardt, Dietrich. Entdecken Sie neue Bücher oder Klassiker für Sie selbst oder zum Verschenken. Buch findr hat zahlreiche Bücher von von Engelhardt, Dietrich im Sortiment. Nehmen Sie sich Zeit zum Stöbern und finden Sie das passende Buch oder die Publiketion für Ihr Lesevergnügen oder Ihr Interessensgebiet. Stöbern Sie durch unser Angebot und finden Sie aus unserer großen Auswahl das Buch, das Ihnen zusagt. Bei Buch findr finden Sie Romane, Ratgeber, wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Bücher uvm. Bestellen Sie Ihr Buch zu Ihrem Thema einfach online und lassen Sie es sich bequem nach Hause schicken. Wir wünschen Ihnen schöne und entspannte Lesemomente mit Ihrem Buch von von Engelhardt, Dietrich .

von Engelhardt, Dietrich - Große Auswahl an Publikationen bei Buch findr

Bei uns finden Sie Bücher aller beliebter Autoren, Neuerscheinungen, Bestseller genauso wie alte Schätze. Bücher von von Engelhardt, Dietrich die Ihre Fantasie anregen und Bücher, die Sie weiterbilden und Ihnen wissenschaftliche Fakten vermitteln. Ganz nach Ihrem Geschmack ist das passende Buch für Sie dabei. Finden Sie eine große Auswahl Bücher verschiedenster Genres, Verlage, Schlagworte Genre bei Buchfindr:

Unser Repertoire umfasst Bücher von

Sie haben viele Möglichkeiten bei Buch findr die passenden Bücher für Ihr Lesevergnügen zu entdecken. Nutzen Sie unsere Suchfunktionen, um zu stöbern und für Sie interessante Bücher in den unterschiedlichen Genres und Kategorien zu finden. Neben Büchern von von Engelhardt, Dietrich und Büchern aus verschiedenen Kategorien finden Sie schnell und einfach auch eine Auflistung thematisch passender Publikationen. Probieren Sie es aus, legen Sie jetzt los! Ihrem Lesevergnügen steht nichts im Wege. Nutzen Sie die Vorteile Ihre Bücher online zu kaufen und bekommen Sie die bestellten Bücher schnell und bequem zugestellt. Nehmen Sie sich die Zeit, online die Bücher Ihrer Wahl anzulesen, Buchempfehlungen und Rezensionen zu studieren, Informationen zu Autoren zu lesen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen das Team von Buchfindr.