Jahrhundertelang lag das durchschnittliche Sterbealter bei 30, 35 Jahren. Heute liegt es bei gut 75. Die meisten von uns haben vergleichsweise somit zwei Leben.
Durch den weitgehenden Verlust des Glaubens an eine Ewigkeit ist unser Leben nicht länger, sondern unendlich kürzer geworden. Der irdische Rest hat sich zwar verdoppelt; er ist aber alles, was uns verblieb. Entsprechend erfuhr unser Körper als Vehikel eine gewaltige Aufwertung.
Bedingt ist die Anhebung und Bündelung des Sterbealters auf einem nie zuvor erreichten Niveau durch die gegenwärtige Bändigung der Geißeltrias "Pest, Hunger, Krieg". Medizin spielt nur eine Rolle. Ihre unzweifelhaft großen Erfolge ließen jedoch in vielen von uns bereits einen neuen Unsterblichkeitswahn tiefe Wurzeln schlagen. Erstmals darf man sich "mit einem gewissen Recht" zumindest während einiger Jahrzehnte "ein wenig unsterblich" fühlen. Auch ist Todesverhinderung auf Zeit nicht länger unmöglich. Sie ist jedoch unmenschlich, denn:
Menschsein heißt, die von Anfang an in uns angelegte Spannung zwischen Werden, Sein und Vergehen zu akzeptieren, auszuhalten und aushaltend zu gestalten sowie den uns von Natur gegebenen Tod zur rechten Zeit auf uns zu nehmen.
Diesem Konzept gemäß lautete das Thema des Symposiums "Erfüllt leben", und zwar das ganze Leben. Ein bis zum Rande erfülltes Leben soll dazu führen, den Tod zur rechten Zeit leichter auf sich zu nehmen. Historiker, in deren Regie die Konferenz durchgeführt wurde, weisen in ihren Beiträgen immer wieder auf die Einzigartigkeit unserer heutigen Situation hin, auf die Erstmaligkeit eines langen Lebens für die meisten Menschen. Akzentuierungen und Vertiefungen sowie Ansätze zu Problemlösungen erfolgen aber auch von Vertretern weiterer Disziplinen: Medizinern, Demographen, Theologen, Philosophen u. a. m. Am Schluß kommen sodann Vertreter unterschiedlicher Medien zu Wort. Sie bringen ihre Erfahrungen ein, wie die neuen Erkenntnisse jene Menschen am ehesten erreichen, für die das Thema des Symposiums von hoher Relevanz ist: letztlich für uns alle.
Aus dem Vorwort
Aktualisiert: 2023-06-15
> findR *
Jahrhundertelang lag das durchschnittliche Sterbealter bei 30, 35 Jahren. Heute liegt es bei gut 75. Die meisten von uns haben vergleichsweise somit zwei Leben.
Durch den weitgehenden Verlust des Glaubens an eine Ewigkeit ist unser Leben nicht länger, sondern unendlich kürzer geworden. Der irdische Rest hat sich zwar verdoppelt; er ist aber alles, was uns verblieb. Entsprechend erfuhr unser Körper als Vehikel eine gewaltige Aufwertung.
Bedingt ist die Anhebung und Bündelung des Sterbealters auf einem nie zuvor erreichten Niveau durch die gegenwärtige Bändigung der Geißeltrias "Pest, Hunger, Krieg". Medizin spielt nur eine Rolle. Ihre unzweifelhaft großen Erfolge ließen jedoch in vielen von uns bereits einen neuen Unsterblichkeitswahn tiefe Wurzeln schlagen. Erstmals darf man sich "mit einem gewissen Recht" zumindest während einiger Jahrzehnte "ein wenig unsterblich" fühlen. Auch ist Todesverhinderung auf Zeit nicht länger unmöglich. Sie ist jedoch unmenschlich, denn:
Menschsein heißt, die von Anfang an in uns angelegte Spannung zwischen Werden, Sein und Vergehen zu akzeptieren, auszuhalten und aushaltend zu gestalten sowie den uns von Natur gegebenen Tod zur rechten Zeit auf uns zu nehmen.
Diesem Konzept gemäß lautete das Thema des Symposiums "Erfüllt leben", und zwar das ganze Leben. Ein bis zum Rande erfülltes Leben soll dazu führen, den Tod zur rechten Zeit leichter auf sich zu nehmen. Historiker, in deren Regie die Konferenz durchgeführt wurde, weisen in ihren Beiträgen immer wieder auf die Einzigartigkeit unserer heutigen Situation hin, auf die Erstmaligkeit eines langen Lebens für die meisten Menschen. Akzentuierungen und Vertiefungen sowie Ansätze zu Problemlösungen erfolgen aber auch von Vertretern weiterer Disziplinen: Medizinern, Demographen, Theologen, Philosophen u. a. m. Am Schluß kommen sodann Vertreter unterschiedlicher Medien zu Wort. Sie bringen ihre Erfahrungen ein, wie die neuen Erkenntnisse jene Menschen am ehesten erreichen, für die das Thema des Symposiums von hoher Relevanz ist: letztlich für uns alle.
Aus dem Vorwort
Aktualisiert: 2023-05-15
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Jahrhundertelang lag das durchschnittliche Sterbealter bei 30, 35 Jahren. Heute liegt es bei gut 75. Die meisten von uns haben vergleichsweise somit zwei Leben.
Durch den weitgehenden Verlust des Glaubens an eine Ewigkeit ist unser Leben nicht länger, sondern unendlich kürzer geworden. Der irdische Rest hat sich zwar verdoppelt; er ist aber alles, was uns verblieb. Entsprechend erfuhr unser Körper als Vehikel eine gewaltige Aufwertung.
Bedingt ist die Anhebung und Bündelung des Sterbealters auf einem nie zuvor erreichten Niveau durch die gegenwärtige Bändigung der Geißeltrias "Pest, Hunger, Krieg". Medizin spielt nur eine Rolle. Ihre unzweifelhaft großen Erfolge ließen jedoch in vielen von uns bereits einen neuen Unsterblichkeitswahn tiefe Wurzeln schlagen. Erstmals darf man sich "mit einem gewissen Recht" zumindest während einiger Jahrzehnte "ein wenig unsterblich" fühlen. Auch ist Todesverhinderung auf Zeit nicht länger unmöglich. Sie ist jedoch unmenschlich, denn:
Menschsein heißt, die von Anfang an in uns angelegte Spannung zwischen Werden, Sein und Vergehen zu akzeptieren, auszuhalten und aushaltend zu gestalten sowie den uns von Natur gegebenen Tod zur rechten Zeit auf uns zu nehmen.
Diesem Konzept gemäß lautete das Thema des Symposiums "Erfüllt leben", und zwar das ganze Leben. Ein bis zum Rande erfülltes Leben soll dazu führen, den Tod zur rechten Zeit leichter auf sich zu nehmen. Historiker, in deren Regie die Konferenz durchgeführt wurde, weisen in ihren Beiträgen immer wieder auf die Einzigartigkeit unserer heutigen Situation hin, auf die Erstmaligkeit eines langen Lebens für die meisten Menschen. Akzentuierungen und Vertiefungen sowie Ansätze zu Problemlösungen erfolgen aber auch von Vertretern weiterer Disziplinen: Medizinern, Demographen, Theologen, Philosophen u. a. m. Am Schluß kommen sodann Vertreter unterschiedlicher Medien zu Wort. Sie bringen ihre Erfahrungen ein, wie die neuen Erkenntnisse jene Menschen am ehesten erreichen, für die das Thema des Symposiums von hoher Relevanz ist: letztlich für uns alle.
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