25 Jahre nachrevolutionäre Literatur in Portugal
Nationale Mythen und kulturelle Identitätssuche
Wolf-Dieter Lange, Andrea-Eva Smolka
Kein Datum in der jüngeren Geschichte Portugals weist einen so hohen Symbolwert auf wie der 25. April 1974, der zum Inbegriff von Freiheit und Neubeginn wurde. Besonders im literarisch-kulturellen Bereich übertragen die von diesem Zeitpunkt an einsetzenden Entwicklungen alle vorhandenen Erwartungen.
Die Literatur konnte sich nun mit den Traditionen des Landes kritisch auseinandersetzen oder auch Geschichte im Hinblick auf jene Kontinuitäten analysieren, die im allgemeinen zu nationaler Mythenbildung und im speziellen zu der Herrschaft António de Oliveira Salazars geführt hatten.
Auch die Auseinandersetzung mit der Situation der Frau angesichts einer von Kirche und Staat in gleicher Weise propagierten, bildungs- und emanzipationsfeindlichen Familienideologie gewinnt an Bedeutung. Die zeitgenössische Literatur enthält auch Visionen von Gewalt, Sexualität und Tod, die die Furcht und Sorge um den Jahrtausendwechsel artikulieren..
Es wird nicht nur eine kultur- und mentalitätsgeschichtliche Bilanz der Entwicklungen gezogen, sondern auch Horizonte des Kommenden evoziert.
Wolf-Dieter Lange ist Professor für Romanische Philologie an der Universität Bonn, Andrea-Eva Smolka wissenschaftliche Mitarbeiterin am Romanischen Seminar der Universität Bonn.