83 Jahre Flender Dock-, Eisen und Stahlschiffbau in Lübeck-Siems (Band 2)
Fotografien und Biografien zum Schiffbau von 1920 bis 2003
Heinz Haaker, Rainer Wiedemann
Vorwort Jan Lindenau, Bürgermeister Lübeck
Lübeck hat seit den Zeiten der Hanse eine große Werftentradition. Ohne Schiffe wäre der Aufstieg des Hansebundes und Lübecks undenkbar gewesen. Auf der „Lastadie“ (Lastplatz) auf dem der Altstadt gegenüberliegenden Traveufer zwischen Holstentor und Burgtor wurden bis ins 19. Jahrhundert zahllose Schiffe gebaut. Alle Arten von Handels- und Transportschiffen wurden an diesem Platz auf Kiel gelegt, darunter waren auch Schiffstypen, die für ihre Zeit außergewöhnlich waren, wie zum Beispiel 1566 die „Adler von Lübeck“, das größte Schiff seiner Zeit. Auch lief auf der Lastadie 1840 das erste Lübecker Dampfschiff, die GAUTHIOD, vom Stapel, die nach Stockholm geliefert wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde diese handwerkliche Tradition vom industriellen Schiffbau abgelöst.
Als die Industrialisierung nach 1870 in unserer Stadt Fahrt aufnahm, wandelte sie sich von der reinen Handelsstadt zur Handels- und Industriestadt. Auch eine zunehmend bedeutendere Werftindustrie etablierte sich hier seit den 1870er Jahren. Verschiedene Unternehmen, darunter die 1873 gegründete, auch im Schiffbau tätige Lübecker Maschinenbau-Gesellschaft, ließen die Hansestadt zu einem bedeutenden Werftenstandort wachsen. Mit diesem Wandel waren tiefgreifende soziale Veränderungen verbunden; es entstand eine zahlenmäßig starke Industriearbeiterschaft, ohne die der Erfolg der Betriebe nicht denkbar ist.
Zu den bedeutendsten Gründungen im Lübecker Werftenbereich zählt vor allem die der Brückenbau AG Flender, Benrath, im Jahr 1917 in Lübeck-Siems. Nach wechselvollen Zeiten, auch als Rüstungsproduzent in der NS-Zeit, war sie ab 1948 eines der größten Schiffbauunternehmen in Deutschland. Unter den fast 700 hier gebauten Schiffen gehören die 1967 fertig gestellte NILS HOLGERSSON und die Reparatur der PASSAT im Jahr 1997 zu den bekannten Fertigungen des Unternehmens. Als die letzte verbliebene Großwerft im Raum Lübeck 2002 ihren Betrieb einstellte, war das ein schwarzer Tag für Lübeck.
Ich bin Herrn Wiedemann dankbar, dass er, auch auf der Grundlage von Vorarbeiten von Herrn Haaker, diese große Werften-Tradition der Hansestadt Lübeck mit seiner Darstellung in den Fokus rückt. Der Lübecker Schiffbau ist ein bedeutendes Kapitel der Lübecker Wirtschaftsgeschichte. Der Autor hat die Geschichte der Familie Flender wie auch der gleichnamigen Werft mit großer Kenntnis aufgearbeitet. Mit großem Engagement hat er sich zudem mit dem Verein für Kunst und Kultur zu Travemünde und anderen Unterstützern sowie Sponsoren dafür eingesetzt, dass im September 2022 an der Priwallpromenade ein Werftendenkmal für die sechs großen Lübecker Werften errichtet und eingeweiht werden konnte. Ich freue mich insbesondere auch darüber, dass Herr Wiedemann das Denkmal gemeinsam mit Schülern des Trave-Gymnasiums entworfen hat und dadurch auch die jüngere Generation an der Erinnerung Teil hat.