Abschiebehaft
Europa- und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Anordnung und Durchführung
Matthias Haag
In Deutschland ist die Anordnung und Durchführung der Abschiebehaft möglich. Obwohl die Zahlen über die Anordnung der Abschiebehaft seit Jahren rückläufig sind, wird diese präventive Form der Inhaftierung vor allem wegen ihrer starken Eingriffsintensität sowohl im nationalen als auch im internationalen Kontext kontrovers diskutiert. Bereits seit 2010 stellt das Recht der Europäischen Union durch die Rückführungsrichtlinie weitgehende Anforderungen an die Abschiebehaft. In dieser Arbeit wird systematisch untersucht, ob der nationale Gesetzgeber die Vorgaben die Rückführungsrichtlinie im AufenthG und dem FamFG umgesetzt hat. Dabei wird auch auf die aktuelle Rechtsprechung des EuGH Bezug genommen und gezeigt, in welchem Umfang weiterer Handlungsbedarf zur innerstaatlichen Umsetzung besteht. Die nationale Anwendung der Abschiebehaft wird in europarechtlicher Hinsicht jedoch nicht nur durch die Rückführungsrichtlinie beeinflusst, sondern auch durch Anforderungen aus der EMRK. Die Vorgaben der EMRK werden daher anhand der relevanten Urteile des EGMR erläutert. Ein Hauptaugenmerk besteht zudem auf den Anforderungen des Grundgesetzes, die anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung dargestellt werden. Aufgezeigt wird dabei auch, dass der BGH dogmatisch nicht immer stringent argumentiert. Dies wird unter anderem anhand der Rechtsprechung zur Prüfungskompetenz des Haftrichters und der Beiordnungspflicht eines Anwaltes deutlich. Darüber hinaus wird erläutert, warum die aktuelle Haftdauer bedenklich ist und besonders hier die Rechtswertungen überdacht werden sollten. Zudem wird gezeigt, dass der Vollzug der Abschiebehaft in den meisten Bundesländern verfassungswidrig ist.