Ali Shariatis Religionsphilosophie interkulturell gelesen
Silvia Kaweh
Der iranische Phänomenologe und Religionssoziologe Ali Schariati (1933-1977) gilt als bedeutender islamischer Denker. Schariati selbst sah sich als politisch-religiös geprägten Ideologen im Kontext zu den Befreiungskämpfen der Dritten Welt. Er setzte sich kritisch mit der islamischen (speziell iranisch-schiitischen) Gesellschaft und den Folgen ihrer Verwestlichung auseinander. Seine rhetorische Begabung zog viele Intellektuelle in seinen Bann. Auch als seine zahlreichen Bücher und Aufzeichnungen schon verboten waren, kursierten diese weiter im Land.
Schariati war beeinflußt von Dschalaludin Al-Afghani, Muhammad Iqbal, Franz Fanon, Jean-Paul Sartre, Che Guevara und marxistischem Gedankengut, das er durchaus auch kritisch rezipierte. In der Rückkehr zum „reinen Islam“ sah er die einzige Alternative zum Kapitalismus und Marxismus. Ihm gelang es, den schiitischen Islam neu zu beleben. Seine Forderung nach einem „neuen und aufgeklärten Menschen“, der eine gerechte, sich auf ihre eigenen religiösen Wurzeln zurückbesinnende, revolutionäre Gesellschaft formen soll, bereitete den Boden für die Iranische Revolution. Die verheerenden Auswüchse der Gewalt und die ideologische Engstirnigkeit, die diese Revolution hervorrief, hat er nicht mehr miterleben müssen.