Anglizismen im Russischen seit 1991
Ein Vergleich mit dem Ukrainischen und Deutschen
Yevgen Zaretsky
In dieser Studie wird der Einfluss des Englischen auf die russische Sprache untersucht, vor allem in der Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion (1991). Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das Lehngut, das in die Umgangssprache und verschiedene Fachsprachen eingegangen ist und schon jetzt eine vergleichsweise hohe Wortbildungsaktivität aufweist, obwohl es morphologisch und graphematisch zum Teil noch wenig integriert ist. Es geht um die Verwendung von Anglizismen in den ehemaligen Republiken der Sowjetunion, in denen Russisch als Muttersprache oder lingua franca verwendet wird: Russland, Ukraine, Kasachstan, Weißrussland, Moldawien etc. Zu den wichtigsten Themen zählen die Gründe für die Übernahme des fremden Wortschatzes, die Geschichte des englischen Einflusses auf das Russische, die Einstellung von verschiedenen Bevölkerungsschichten zu Anglizismen und zur Amerikanisierung der russischen Kultur im Allgemeinen, die Sprachpolitik der russischen Regierung, der kulturelle und historische Hintergrund der Amerikanisierung. Besondere Aufmerksamkeit wurde den soziologischen Aspekten der Amerikanisierung geschenkt. Es wird der Versuch unternommen, kultur- und sprachwissenschaftliche Ansätze, die fast immer getrennt untersucht werden, in Verbindung zueinander und außerdem auch zu empirischen Untersuchungen zu bringen. Die wichtigsten Ziele des Verfassers bestehen in der Zusammenfassung der bisher erschienenen Werke über Anglizismen, in der kritischen Auseinandersetzung mit den Ergebnissen dieser Werke, in der Beschreibung der neuesten sprachlichen und kulturellen Erscheinungen, falls diese in Verbindung mit den sprachlichen gebracht werden können, sowie in der Erschließung der Quellen, die bisher in diesem Kontext noch nicht untersucht wurden. Auf die Erläuterung allgemein bekannter Tatsachen über Anglizismen im Deutschen (Kapitel „Die Amerikanisierung des Russischen und Deutschen im Vergleich“) wird verzichtet, zumal sie ohnehin in anderen Quellen mehrmals vorgenommen wurde; Russisch und Ukrainisch werden dagegen in jeder Hinsicht in Bezug auf mögliche Auswirkungen des englischen Einflusses untersucht, Ukrainisch allerdings in einer komprimierten Form und ohne Gegenüberstellung zum Deutschen (Kapitel „Der Einfluss des Englischen auf das Ukrainische“). Die Untersuchung des Ukrainischen ist insofern wichtig, als man auf diese Weise die Thesen über die Natur einiger Erscheinungen im Russischen überprüfen kann: Die meisten Prozesse, die heutzutage im Russischen zu beobachten sind, sind auch im Ukrainischen feststellbar, aber mit einigen interessanten Ausnahmen, die man durch die Spaltung des Landes in eine prorussische und prowestliche Hälfte, durch den „Zweikampf“ der Sprachen (Russisch und Ukrainisch) sowie durch die unterschiedliche Einstellung zu Anglizismen erklären kann.