Arbeitslosigkeit und Identität im Erwachsenenalter
Jeanne Rademacher
Angesichts der zunehmend erforderlichen Beschäftigung mit der eigenen Identität über das Jugendalter hinaus untersucht die vorliegende Arbeit das kritische Lebensereignis Arbeitslosigkeit hinsichtlich seiner Bedeutsamkeit für die persönliche Identität Erwachsener. Im Zuge der massiven gesellschaftlichen Transformationsprozesse, insbesondere in Ostdeutschland, werden Berufsbiografien brüchig: der Verlust der Arbeit ist eine Erfahrung, mit der sich eine wachsende Anzahl der Bevölkerung auseinandersetzen muss. Die gleichermassen zunehmende subjektive Bedeutsamkeit von Berufsarbeit im Sinne eines ausserordentlich wichtigen Definitionsraums von Identität aufgrund gesellschaftlicher Individualisierungsprozesse wirft die Frage auf, inwieweit Arbeitslosigkeit eine identitätsverunsichernde Erfahrung darstellt. In dieser Arbeit wird der Versuch einer integrativen Betrachtung der transaktionalen Stresstheorie nach Richard S. Lazarus und neuesten Theoriemodellen der Identitätsforschung in der Tradition von James E. Marcia unternommen und die mit dem Verlust der Erwerbsarbeit möglicherweise verbundene Verunsicherung der eigenen Identität und deren Überwindung als ein Bewältigungsprozess betrachtet, dessen nähere Analyse Ziel der Untersuchung war. Die Ergebnisse zeigen, dass Arbeitslosigkeit aufgrund seiner hohen Identitätsrelevanz als ein Ereignis gewertet werden muss, das zu einer Verunsicherung der eigenen Identität führen kann. Bedeutsam für die psychische Gesundheit und das subjektive Wohlbefinden ist die Art und Weise der Auseinandersetzung mit identitätsrelevanten Ereignissen, die wiederum in Abhängigkeit von verschiedenen Ressourcen der Person unterschiedlich gestaltet wird. Neben anderen Personmerkmalen zeigt sich beispielsweise das in den letzten Jahren wieder zunehmend diskutierte Persönlichkeitskonstrukt der Ambiguitätstoleranz als wichtige persönliche Ressource im Identitätsprozess.