Artikulationen kultureller Differenz und Transdifferenz in anglo-karibischen Romanen der Gegenwart
Caryl Phillips, Paule Marshall, Pauline Melville
Solveig Mill
Die in den 1990er Jahren erschienenen karibischen Romane Crossing the River (Caryl Phillips), Daughters (Paule Marshall) und The Ventriloquist’s Tale (Pauline Melville) setzen sich mit der Vielfalt an kulturellen Differenzen auseinander, die den karibischen Kulturraum und seine Diaspora prägen. Als in besonderer Weise präsent zeigt sich in den Texten eine aus dem Kolonialismus resultierende und sich bis heute fortsetzende Basisdifferenz zwischen Kolonisatoren und Kolonisierten. Diese produziert eine imaginäre Trennlinie, die so genannte „koloniale Grenze“. Solveig Mill untersucht die literarische Darstellung der Implikationen der kolonialen Grenze für die Aushandlung und Konstruktion kultureller Zugehörigkeit. Im ersten Kapitel der Studie werden unterschiedliche postkoloniale Konzeptionen kolonialer Differenz (koloniale Grenze, Hybridisierung, Hybridität und Kreolisierung) im Hinblick auf die ausgewählten Romane erörtert und um den Begriff der Transdifferenz ergänzt. In den ausführlichen Interpretationskapiteln bringt Mill den Transdifferenzbegriff zur Anwendung, um literarisch vermittelte Brüche in Identitätskonstruktionen aufzuzeigen sowie die inneren Widersprüche in Prozessen kultureller Grenzziehung beschreibbar zu machen. Sie zeigt, wie die Romane durch die Evozierung von Transdifferenz auf der Figuren-, der Kompositions- und der Rezeptionsebene neue Impulse für ein Verständnis karibischer Identität setzen, welches das Aushalten von als unvereinbar angenommenen Differenzen einschließt.