Asset-Allokation von Privatinvestoren unter Berücksichtigung von Steuern
Vera Pruß
Die zunehmende Bedeutung der privaten Altersvorsorge und die anstehenden Vermögensübertragungen durch Erbschaften führen zu einer gesteigerten Relevanz der privaten Kapitalanlage für breite Bevölkerungsschichten. In diesem Zusammenhang ist auf den grundlegenden Ansatz von Harry M. Markowitz zur Unterstützung von Kapitalanlageentscheidungen hinzuweisen, der schon vor über 50 Jahren entsprechende Algorithmen zur Optimierung des Portfolios unter Rendite- und Risikogesichtspunkten vorgelegt hat. Dabei kommt der Anlageberatung die zentrale Aufgabe zu, den Privatinvestor bei der Anlageentscheidung zu unterstützen. Die Anlageberatung sieht sich also mit einem wachsenden Beratungsbedarf der Kunden bei ihrer Asset-Allokation konfrontiert.
Eine optimale Vermögensstrukturierung mit Markowitz muss aber auf der Ebene von Nachsteuerprognosen durchgeführt werden, damit die Rendite-Risiko-Situation des steuerpflichtigen Investors auch wirklich optimiert wird. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erträge in den einzelnen Vermögensklassen in Deutschland heterogen besteuert werden, so dass es im Übergang von Brutto- zu Nettoprognosen zu systematischen Verschiebungen kommt, die dann gleichfalls aufgrund der hohen Sensitivität der Parameter zu entsprechend hohen Konsequenzen in der Vermögensstruktur führen.
Allerdings gibt es eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Erfordernis, die Besteuerung bei der Asset-Allokation zu berücksichtigen und den dafür vorhandenen Informationen zur Umsetzung. Daher untersucht die Arbeit die Frage, wie hoch der Schaden ist, den ein Privatinvestor zu tragen hat, wenn er seine Vermögensstruktur zwar mit Markowitz optimiert bzw. von einer Bank optimieren lässt, allerdings fälschlicherweise die Bruttorenditen anstelle der Nettorenditen als Inputparameter wählt. Diese Frage ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da in der heute von den Banken praktizierten Anlageberatung des Kunden zwar diversifizierte Portfolios berechnet werden, aber auch hier mangels passender Methodiken nur unzulänglich auf die steuerlichen Rahmenbedingungen eingegangen wird. Die Quantifizierung des Schadens zeigt also gleichzeitig ein Potential der Generierung von Kundennutzen, das in der Zukunft in der Bankenbranche ausgeschöpft werden könnte.