Aufklärende Rationalisierung.
Ein Versuch, Max Weber neu zu interpretieren.
Wolfgang Hellmich
Die Studie versucht, anhand ausgewählter Texte und Textpassagen Weber in neuer Weise zum Sprechen zu bringen. Weber wird als ungemein vielseitiger, offener, auch widersprüchlicher, »antisystemischer« und den Phänomenen zugewandter Denker porträtiert, der auf die Umbrüche der Zeit reagiert. Mit einem Begriff aus der Musikwissenschaft lässt sich sein Denken als »polyphon« charakterisieren. Es ist ein Denken, das Vielfalt und Differenz als Bereicherung ansieht, das Spannungen und Widersprüche nicht aufzulösen versucht, sondern zulässt, anerkennt, das eine Haltung der Toleranz begünstigt.
Im Mittelpunkt bei Weber steht das Phänomen der Rationalisierung, deren einseitiges und zweckorientiertes Verständnis er zu erweitern, »aufzuklären« versucht. Weber thematisiert die Janusköpfigkeit der zeitgenössischen Rationalisierung, ihre destruktive Potentialität, hält gleichwohl daran fest, weil Rationalisierung materiellen und kulturellen Reichtum bedeutet. Er lenkt allerdings die Aufmerksamkeit auf den Preis, der für Einseitigkeit gezahlt werden muss.
Interpretiert werden Passagen der Religionssoziologie, die berühmten Vorträge, »Wirtschaft und Gesellschaft«, die Musiksoziologie. Sie wird als eine Verfallstheorie der Rationalisierung gedeutet. Es herrscht ein »Krieg der Töne«. Webers Rationalitäts- und auch seine Wertetheorie können als »Philosophie« betrachtet werden, deren Merkmal der Pluralismus ist. In seinem Briefwerk findet sich eine »Minissima Moralia«, eine »kleinste Moraltheorie«. Es werden die engen Verbindungen zu Denkmotiven des (amerikanischen) Pragmatismus aufgezeigt: Weber, so lautet die These, ist ein »Would-Be-«, ein »Wäre-Beinahe-Pragmatist«.
Ein Thema für sich ist Webers Sprache, die zahlreiche Metaphern enthält. An ihnen lässt sich eine Substruktur seines Denkens ablesen, die Auskunft darüber gibt, wohin nach Weber der Weg in die Zukunft führt.