Aufklärungen.
Festschrift für Klaus Düsing zum 60. Geburtstag.
Kristina Engelhard
Das philosophische Wirken Klaus Düsings läßt sich in vielfältiger Weise einerseits affirmativ, andererseits kritisch durch den Begriff »Aufklärung« fassen. Versteht man unter Aufklärung eine theoretische Konzeption, für welche die Autonomie des Subjekts grundlegend ist, eine pädagogische Haltung, die eben jene Autonomie fördert, einen methodischen Anspruch auf Klarheit oder einen Interpretationsansatz, der die historischen Verwurzelungen philosophischer Texte beachtet und freilegt, mit dem Ziel, traditionsunabhängig und vorurteilsfrei deren Erklärungswert zu beurteilen und ihre systematische Bedeutung zu würdigen, so sind Aufklärungen für Klaus Düsings Wirken kennzeichnend.
Mit seinem systematischen Werk »Selbstbewußtseinsmodelle« hat Klaus Düsing in die gegenwärtig wieder lebhafte Debatte um die Probleme der Subjektivität eine neue Konzeption der konkreten, autonomen Subjektivität eingebracht. Kritisch gegenüber Ansätzen der historischen Epoche der Aufklärung ist Klaus Düsing darin, daß er hier zeigt, wie die Selbstbeziehung des Ich auf sich in unterschiedlichen Modellen zu einer Sinnanreicherung des Selbst führt und kein sinnentleerter Formalismus der reinen Vernunft droht; dies hat Hegel an der Aufklärung kritisiert. Seine Arbeiten zu Kernproblemen der Philosophiegeschichte haben der Forschung immer wieder starke Impulse gegeben, etwa durch seine Habilitation »Das Problem der Subjektivität in Hegels Logik«, in der Klaus Düsing nachweist, daß Hegels Logik eine Theorie der reinen Subjektivität und nicht eine objektiv-ontologische Konzeption ist; diese Deutung hat der Hegel-Forschung eine ganz neue Perspektive eröffnet.
Die Beiträge dieser Aufsatzsammlung, mit denen die Autoren ihren Lehrer Klaus Düsing ehren möchten, unternehmen den Versuch, sein aufklärerisches Anliegen fortzuschreiben: Dirk Fonfara untersucht das Problem der Struktur des Geltungsbereichs der Aristotelischen Ontologie; Kristina Engelhard setzt sich kritisch mit Leibniz‘ Konzeption der Monade als funktionaler Einheit aus Materie und substantieller Form auseinander. Dietmar H. Heidemann zeigt eine neue Begründungsalternative für den Kantischen Dualismus von Anschauung und Begriff auf. Rainer Schäfer zeichnet die Entwicklung des Übergangs von einem transzendental-kritischen zum metaphysischen Idealismus bei Fichte und Schelling nach. Christian Hanewald exponiert am Beispiel Tylor Burges und Hilary Putnams theorie-immanente Probleme externalistischer Bedeutungs- und Geisttheorien. Tobias Schlicht bringt Licht in die Kontroverse zwischen Dennett und Searle um das Verhältnis von Gehirn und Bewußtsein im Kontext des »Chinesischen-Zimmer-Argumentes«. Anja Solbach analysiert, welche Bedeutung einerseits Hölderlin, andererseits Hegel der Tragödie für die Selbsterhellung der menschlichen Existenz in ihrem Verhältnis zum Absoluten, zu Sittlichkeit, Freiheit und Geschichte zuschreiben. Morteza Ghasempour deutet Friedrich Nietzsche als Aufklärer der ›conditio humana‹: den Nihilismus des objektivierenden Denkens kann allein eine künstlerische Seinsweise überwinden.