Bei uns in Auschwitz
Tadeusz Borowski, Friedrich Griese
Die Erzählungen des polnischen Auschwitzüberlebenden Tadeusz Borowski gehören zu den beklemmendsten Zeugnissen des 20. Jahrhunderts. Scheinbar moralisch indifferent beschreibt Borowski die Greuel der nationalsozialistischen Vernichtungslager und verzichtet dabei auf eine klare Trennung zwischen Opfer und Täter. Aus der Perspektive des Kapos, der als Aufsichtsperson eine Rolle zwischen seinen Mithäftlingen und deren Mördern einnimmt, schildert er den Wettlauf der Häftlinge ums Überleben. Mit einer erbarmungslosen Genauigkeit, die dem Leser nichts schenken will, berichtet er von der Mutter, die bei der Selektion ihr Kind verleugnet und der Arroganz der alteingesessenen Häftlinge gegenüber den Neuankömmlingen im Lager.
Imre Kertész bewundert die „klaren, selbstquälerisch gnadenlosen Erzählungen“ Borowskis, die in der europäischen Lagerliteratur einzigartig sind.
„Ich wollte aufschreiben, was ich erlebt habe, aber wer auf der Welt wird einem Schreiber glauben, der eine unbekannte Sprache spricht? Das ist, als wollte ich Bäume und Steine überzeugen“, sagt Borowski nach seiner Befreiung und Rückkehr nach Warschau.
Die Erzählungen Borowskis sind jetzt – fast sechzig Jahre nach ihrer Entstehung – in der Neuübersetzung von Friedrich Griese wiederzuentdecken.