Berthold Goldschmidt und Gustav Mahler
Zur Entstehung von Deryck Cookes Konzertfassung der X. Symphonie
Jörg Rothkamm
Dank seines hohen Alters hat Berthold Goldschmidt (1903-1996) die späte Rezeption seines musikalischen Schaffens noch selbst miterleben können. Der 1935 nach London emigrierte Künstler begann wieder zu komponieren und trat sogar als Dirigent erneut in Erscheinung. Obwohl er mittlerweile zu den bekanntesten Exilmusikern zählt, ist eine seiner wesentlichen kreativen Leistungen bislang unbetrachtet geblieben: die Mitarbeit an der Konzertfassung von Gustav Mahlers unvollendeter Zehnter Symphonie.
In der vorliegenden Untersuchung wird nun erstmals anhand zahlreicher auch unveröffentlichter Dokumente Goldschmidts Einsatz für dieses Werk rekonstruiert. Als Lektor, Orchestrator, Übersetzer und Dirigent war Goldschmidt nämlich maßgeblich an der Entstehung der unter Deryck Cookes Namen bekannten Fassung beteiligt. Goldschmidts besonderes Engagement für die keineswegs unumstrittene, von der Fachwelt aber letztlich hochgeschätzte Realisierung fällt genau in die Zeit, als er für mehr als zwei Jahrzehnte das Komponieren aufgab.
Das Buch ergänzt jedoch nicht nur die Biographie des Musikers um dieses wichtige Kapitel, sondern bietet auch erstmals eine Darstellung der verzweigten Rezeptionsgeschichte der Zehnten Symphonie von den ersten Bemühungen Alma Mahlers bis in die Gegenwart. Eine detaillierte Betrachtung ausgewählter Beispiele ermöglicht darüber hinaus einen genauen Einblick in das Werk und seine Realisierungsmöglichkeiten, der nicht nur für Praktiker von Interesse ist.