Bestattung zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Eine soziologische Studie zum Wandel des Bestattungsverhaltens in Deutschland
Frank Dr. Thieme
Die Bestattungskultur ist im Umbruch. Seit den 1990er Jahren wird ein Wandel beobachtet, der von den Einen als Verfall, von den Anderen als Modernisierung bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um einen Trend, der Traditionen entwertet und individuelle Handlungsspielräume öffnet, aber auch Selbstverantwortung einfordert. Ausgebreitet haben sich sog. alternative Bestattungsarten, die sich durch Vielfalt und z.T. Naturnähe kennzeichnen. Zugleich nimmt der Umfang preiswerter und anonymer Bestattungen und vor allem jener von Sozialbestattungen zu. Während die Umfrageforschung zur Bestattungskultur die Lebenden nach ihren Bestattungswünschen befragt hat, sind die Daten dieses Buches durch eine Befragung von Bestattern ermittelt worden. Untersucht wurden reale Bestattungsfälle und nach Zusammenhängen zwischen Bestattungsform und sozialrelevanten Merkmalen (u. a. Bildung, Beruf, Wohnregion) gefragt. Die Ergebnisse der 2012/2013 durchgeführten Studie ergeben folglich ein Bild der Bestattungswirklichkeit und nicht der Wünsche. Dabei zeigen sich erstaunliche Differenzen, z. B. darin, dass neben der Pluralisierung der Formen auch eine Konstanz von Traditionen tritt. Der Wandel der Bestattungskultur erscheint dabei weniger dramatisch als die von den Massenmedien gezeichneten Bilder es erwarten lassen. Die Interpretation der Daten erfolgt aus soziologischer Perspektive. Dadurch sind einerseits Beschreibungen und Erklärungen zu erwarten, die von allgemeinem Interesse sind. Denn nicht nur „sterben müssen wir alle“, sondern irgendwann als Lebende auch die Verantwortung für die Toten übernehmen. Andererseits kann das Buch Einsichten vermitteln, die der Bestatterbranche dienlich sind.