Bildung ist ästhetisch
Schüler und ihre Lernprozesse wahrnehmen. Kontakt und Kommunikation gestalten
Norbert Jüdt
Dieser Beitrag zum Diskurs Gute Lehrer – gute Schulen ist ein nachdrückliches Plädoyer gegen eine Verengung des Bildungsbegriffes auf einseitig ökonomisch motivierte Kompetenzkonzepte. Seine Besonderheit liegt zunächst darin, dass er den Bildungsbegriff nach unten hin ausweitet. Dazu werden neurowissenschaftliche Aussagen zur „technischen Hardware-Ausstattung und Funktion“ unseres Erkenntnissystems daraufhin befragt, welche Folgerungen für die persönliche (intransitive) Bildung und die (transitive) Schulbildung sie nahelegen Denn diese Ausstattung macht die Grundlage und die Begrenzung unserer Bildsamkeit aus. Es geht um Antworten auf die Frage, welche bildungstheoretischen und schulpraktischen Überlegungen virulent werden, wenn man Bildungsprozesse bis zu ihren Ursprüngen auf der neurobiologischen Ebene zurückverfolgt und Bildung nicht erst mit der Sprache beginnen lässt. Die Betrachtung des neurobiologischen Bedingungsrahmens von Bildung folgt nicht einem populärwissenschaftlichen Modetrend, sondern führt zu der Erkenntnis, dass die Gesetzmäßigkeiten, die uns eine konstruktive Wahrnehmung der Welt ermöglichen, dieselben sind, die in ausdifferenzierter Form als Gestaltungsprinzipien in allen alltagsgestalterischen, künstlerischen und sonstigen kulturellen Äußerungen des Menschen – selbst im Bereich sozialer Beziehungen – strukturbildend wirksam sind. Legt man die Abhängigkeit der Bildung von den Sinnen (Aisthesis) und ihren Funk-tionsprinzi-pien zugrunde, dann kommt man an der Grundthese dieser Studie nicht vorbei:
Es gibt keine Bildung, sie sei denn ästhetisch.