Buße
Jens Schröter
Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums widmet sich die Berliner Theologische Zeitschrift einem von Kirche und Theologie vernachlässigtem Thema: der Buße. Für viele Menschen ist der Begriff negativ besetzt und wird in der Regel als eine Form von Bestrafung (z.B. Bußgeldkatalog, Bußgeldbescheid) verstanden. Gleichwohl handelt es sich bei der Buße um einen Zentralbegriff der christlichen Theologie und Frömmigkeit, der sich durch alle Epochen des Christentums zieht und sowohl als Lebenshaltung als auch als kirchliche Institution seine Ausgestaltung erfährt.
Nicht ohne Grund eröffnete Martin Luther seine 95 Thesen mit dem Bußruf Jesu. Darin betonte Luther, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein solle. Was das genauer heißt, danach fragt das vorliegende Heft. In klassischer Reihenfolge wird das Thema Buße aus der Sicht verschiedener theologischer Disziplinen bearbeitet.
So wendet sich Hannes Bezzel aus Perspektive des Alten Testamentes der Entwicklung der prophetischen Bußpredigt als Gerichtsverkündigung und Umkehrruf zu. Nils Neumann geht dem Begriff »metanoia« bzw. »metanoein« nach und deckt die damit verbundenen neutestamentlichen Handlungsstrukturen auf. Unter Einbeziehung der vorreformatorischen Theologiegeschichte spürt Martin Ohst in seinem Beitrag »Vom Leistungsprinzip zum Bildungsgedanken« Motive und Tendenzen in Luthers Verständnis von Buße nach. Dem kirchlichen Umgang mit Schuld und Buße seit 1945 wird anschließend besondere Aufmerksamkeit zuteil. Martin Greschat widmet sich unter dem Titel »Zwischen Verdrängung und Aufarbeitung« dem Thema in der evangelischen Kirche angesichts des Nationalsozialismus. Ehrhart Neubert reflektiert die Thematik im Horizont der evangelischen Kirchen in der DDR und fragt kritisch nach einem angemessenen Umgang mit Schuld und Schuldverstrickung nach 1989. Martin Leiner lenkt schließlich den Blick nach Südafrika und interpretiert die Thematik Buße und Beichte vor dem Hintergrund der dortigen Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC). In systematisch-theologischer Perspektive greift Dietrich Korsch verschiedene, zuvor im Heft gezogene Linien auf, verdichtet sie auf die Frage nach der Erneuerung des Lebens und leistet somit einen Beitrag zum Sinn der Buße. Abschließend geht Peter Zimmerling der praktisch-theologischen Sichtweise nach, fragt kritisch nach dem heutigen Stellenwert von Beichte und Buße in der gottesdienstlichen Praxis und zeigt Möglichkeiten der Erneuerung einer verlebendigten Bußpraxis auf.