Cool
Jazz als Gegenkultur im westlichen Nachkriegsdeutschland
Stephan Braese
Im Mittelpunkt des Buches steht die eminente kulturelle Wirkungsgeschichte des Jazz auf zahlreiche Sphären der neuen Öffentlichkeit Deutschlands nach der Befreiung 1945 bis etwa Anfang der 1960er Jahre. Die Darstellung zeigt auf, wie – nach rund zwölf Jahren der Verfolgung und Unterdrückung während der NS-Jahre – die afroamerikanische Musik zum Ausdruck eines komplexen Zeit- und Lebensgefühls hat werden können, der weit über Liebhaberkreise hinaus Einfluss auch auf Literatur und Film, Debatten und Diskurse genommen hat. In konzisen Lektüren der unterschiedlichsten Zeugnisse – von Fan-Zines und Leserbriefen über Essays und Sachliteratur, Romane, Hörspiele und Filme bis zu Zeitschriften wie „twen“ oder mündlichen Überlieferungen aus der „Exi“-Jugendszene – wird erkennbar, in welchem Maß Jazz dabei gegenkulturelle Virulenz zum restaurativen Geist der Adenauer-Ära entfaltet hat. Dabei wird deutlich, dass diese Virulenz durch die besonderen Bedingungen im Westdeutschland der Nachkriegsjahre spezifisch aufgerufen wurde. Zu diesen gerade an diesem Ort relevanten, letztlich unvermeidlichen Bedeutungsfeldern gerieten vor allem die Frage nach dem Rassismus; die Frage nach der nationalen ‚Identität‘; schließlich die Revision des Verhältnisses von Ethik und Ästhetik durch eine radikale Ausdruckskultur.