Dänisch-deutsche Doppelgänger
Transnationale und bikulturelle Literatur zwischen Barock und Moderne
Heinrich Detering, Anne B Gerecke, Johan de Mylius
Während die Grenzen Europas in unserer Zeit immer weiter schwinden, leben vielerorts nationale Bewegungen wieder auf. Gerade dadurch gewinnt die literarische Vor- und Frühgeschichte der Kategorien nationaler ‚Identität‘, Literatur und Philologie an Bedeutung. Das jahrhundertelang produktive Spannungsverhältnis zwischen den Literaturen Dänemarks und Deutschlands bietet für solch grenzüberschreitende Forschung einen besonders geeigneten Untersuchungsgegenstand.
Immer wieder gab und gibt es Autoren, die ihrer Herkunft oder Absicht nach beiden Kulturen und Literaturen angehören. In oft überraschender Weise experimentieren die Texte solcher dänisch-deutschen Doppelgänger mit vermeintlich vertrauten Vorstellungen. Inmitten einer historischen Entwicklung, die zunehmend durch nationale Abgrenzungen bestimmt wird, entwerfen sie Modelle transnationaler Vermittlung. Der Band enthält Modellstudien zu Autoren des 17. bis 20. Jahrhunderts und untersucht so ein ebenso exemplarisches wie lehrreiches Kapitel dieser dänisch-deutschen Geschichte.
Vorgestellt werden Texte bekannter Dichter wie Georg Brandes, J.P. Jacobsen, Gerstenberg oder Andersen, aber auch voreilig zu den Akten gelegter Autoren wie Zacharias Lund oder Levin Sander.
Aus dem Inhalt:
Fritz Paul: „Ihr forfluchte Skabhalsen!“ Deutsche Sprachspiele in Holbergs Komödien
Anne-Bitt Gerecke: „Originalcharakter“: Konzeption und Imagination des „Nordischen“ bei Heinrich Wilhelm von Gerstenberg
Andreas Blödorn: Vom Deutschen zum Dänen: Der Literat Christian Levin Sander in Kopenhagen um 1800
Karin Hoff: Grenzenlose Erinnerungen: Friederike Bruns kosmopolitischer Selbstentwurf
Gisela Perlet: Warum und wie übersetzt man Jens Baggesen im 20. Jahrhundert?
Sven-Aage Jørgensen: Carl Friedrich Cramer: Ein verunglückter Nachzügler der Gesamtstaatskultur
Heinrich Anz: Der Januskopf des Grenzgängers: Adam Oehlenschlägers Stellung zwischen dänischer und deutscher Literatur
Johan de Mylius: Der deutsche Andersen: Zur Begründung des biographischen Andersen-Bildes in Deutschland
Heinrich Detering: „Dänemark und Deutschland einander gegenüber“: Kosmopolitismus, Bikulturalität und Patriotismus bei H. C. Andersen
Erich Unglaub: Deutsch und doch nicht feindlich: Das Österreich der skandinavischen Grenzgänger von 1864 bis 1910
Herausgeberporträt: Heinrich Detering ist Professor für Neuere deutsche Literatur und Neuere skandinavische Literaturen an der Universität Kiel und Mitbetreuer des Kieler Graduiertenkollegs „Imaginatio borealis“.
Anne-Bitt Gerecke ist Wissenschaftliche Assistentin am literaturwissenschaftlichen Institut der Universität Kiel.
Johan de Mylius ist Dozent für Nordische Philologie an der Süddänischen Universität Odense und Direktor des „Hans-Christian-Andersen-Zentrums“