Das andere Blut
Gemeinschaft im deutsch-jüdischen Schreiben 1830–1930
Caspar Battegay
Nicht nur in der faschistischen Vorstellungswelt ist »Blut« zentral: Auch jüdische Intellektuelle bedienten sich dessen assoziativer Kraft für ihre Konzepte von Identität. Die Rede vom »Blut« soll in der Abgrenzung von einem anderen Blut Gemeinschaft beschreiben und erzeugen, ist jedoch immer ambivalent. So kann »Blut« entweder als sanguis, das heilende Blut, oder als cruor, das aus einer Wunde ausgetretene Blut, verstanden werden. In der jüdischen Tradition ist das Blut das Organ des Lebens selbst und darf nicht vergossen werden – doch ist es auch die paradigmatisch verunreinigende Substanz. Das andere Blut ist damit immer schon das Blut der Vergemeinschaftung und das Blut der Vereinzelung. Dieser Dialektik geht dieses Buch in Analysen zu Heinrich Heine, Moses Hess, Max Nordau, Martin Buber, Franz Rosenzweig und Franz Kafka nach.